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Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Entwurf eines Dritten Vorschaltgesetzes zur Kommunalreform (Verbandsgemeindeeinführungsgesetz -VGEG),
TOP 11 der Landtagssitzung am 28./29. Juni 2001

28.06.2001, Magdeburg – 96

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 096/01

 

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 096/01

 

Magdeburg, den 28. Juni 2001

 

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Entwurf eines Dritten Vorschaltgesetzes zur Kommunalreform (Verbandsgemeindeeinführungsgesetz -VGEG),

TOP 11 der Landtagssitzung am 28./29. Juni 2001

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Mit dem heute einzubringenden Gesetzentwurf zum dritten Vorschaltgesetz machen wir auf dem Wege unserer Kommunalreform einen weiteren Schritt nach vorn.

Die politische Grundsatzdiskussion zum wesentlichen Inhalt des Gesetzes, nämlich die Weiterentwicklung des Verwaltungsgemeinschaftsmodells haben wir bereits im Rahmen der Verabschiedung des zweiten Vorschaltgesetzes geführt. Denn das, was hier im Entwurf zum dritten Vorschaltgesetzes ausgefüllt wird, ist in Form von Eckpunkten bereits im zweiten Vorschaltgesetz gesetzlich fixiert.

Das dritte Vorschaltgesetz wird zwar erst zum 1. Juli 2004 in Kraft treten. Gleichwohl soll es aber schon jetzt verabschiedet werden, um unseren Kommunen Planungssicherheit zu geben.

Anrede,

der Ihnen vorliegende Entwurf entwickelt die Verwaltungsgemeinschaften nachhaltig weiter. Die Verwaltungsgemeinschaft, die von eigenständigen Gemeinden getragen wird, soll auch im Interesse der Mitgliedsgemeinden fortentwickelt werden.

Bereits in den mündlichen Erörterungen im Rahmen der Erstellung des Leitbildes für eine Kommunalreform im Land Sachsen-Anhalt im Jahre 1999 war die Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften Thema.

So wurde aus dem kommunalen Bereich die Forderung erhoben, Zuständigkeiten im eigenen Wirkungskreis originär auf der Ebene der Verwaltungsgemeinschaften anzusiedeln.

Die in den Erörterungen vorgetragenen überlegungen machte sich auch der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt zu eigen. Auch der Verband sah in seiner Stellungnahme zum Leitbild vom Mai letzten Jahres in einer Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaft Möglichkeiten, die Verwaltungsqualität zu steigern.

Ich habe im Juni vergangenen Jahres diese Forderung aus der Praxis aufgegriffen und auf vielen Veranstaltungen im Lande diskutiert. Mit der Vorlage eines ersten Referentenentwurfes am 1. März setzte eine breite Diskussion in der öffentlichkeit zum Thema qualifizierte Verwaltungsgemeinschaft bzw. Verbandsgemeinde ein.

Der Entwurf wurde von uns namentlich im Bereich der Aufgabenübertragung so weit wie möglich ausgestaltet. Damit wollten wir den möglichen Gestaltungsspielraum aufzeigen. Wir wollten zeigen, wie weit man gehen könnte, aber keinesfalls gehen muss.

Der Entwurf stellte ein Angebot an die Kommunen dar und sollte eine breit angelegte Diskussion über die Aufgabenverteilung zwischen der Verbandsgemeinde und ihren Mitgliedsgemeinden eröffnen. Diese Diskussion hat stattgefunden und uns geholfen, das Reformvorhaben an den Bedürfnissen der Praxis zu orientieren.

Sie hat auch die CDU zum Nachdenken angeregt. Ich erinnere an den von ihr eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften in der vorletzten Landtagssitzung. In ihm haben Sie zur Stärkung der Kommunalen Selbstverwaltung eine originäre Aufgabenzuständigkeit für die Verwaltungsgemeinschaft gefordert. Der Ansatz ist gut, greift leider zu kurz und bleibt auf halbem Weg stecken. Aber immerhin, die Richtung stimmt schon einmal.

Auch der Städte- und Gemeindebund, als in erster Linie betroffener kommunaler Spitzenverband hat sich ausgiebig in seinem Präsidium und den Fachausschüssen mit dem Thema befasst. Der Verband stimmt dem Vorhaben grundsätzlich und ganz überwiegend auch in Einzelfragen zu.

Wir haben die Anregungen zu einem großen Teil übernommen. Abgelehnt habe ich jedoch die geforderte Direktwahl des Hauptverwaltungsbeamten. Mit ihr würden wir das Gewicht erheblich zu Ungunsten der Mitgliedsgemeinden verschieben. Bei all meinen überlegungen wollte ich die Gestaltungsfreiheit soweit wie möglich bei den Gemeinden, den Gemeinderäten und ihren ehrenamtlichen Bürgermeister belassen.

Denn zentraler Dreh- und Angelpunkt bleiben auch bei einer Verbandsgemeinde die politisch eigenständigen Mitgliedsgemeinden und ihre Bürgermeister. Und diese benötigen keinen - im wahrsten Sinne des Wortes - "Ober"- Bürgermeister in der Verbandsgemeinde.

Anrede,

Kernstück des Gesetzentwurfes ist die Ansiedlung originärer Zuständigkeiten der Gemeinden im eigenen Wirkungskreis auf der bisherigen Verwaltungsgemeinschaftsebene. Diese führt jedoch nach Art. 28 des Grundgesetzes zu der Notwendigkeit, dass diese Ebene ebenfalls über eine direkt demokratisch legitimierte Vertretung verfügen muss.

Bei der Frage, welche Aufgaben nun auf der verbandsgemeindlichen Ebene angesiedelt werden sollten, haben wir uns von zwei Aspekten leiten lassen:

Es sollen so viele Aufgaben wie möglich im engeren örtlichen Bereich belassen werden und es sollen so viel effizienzsteigernde Bündelungen wie nötig vorgenommen werden.

Außerdem müssen die neuen Strukturen eindeutig und klar sein.

Aufgaben der Verbandsgemeinde sollen nunmehr u.a.:

 

 

die Aufstellung von Flächennutzungsplänen unter größtmöglicher Beteiligung der Mitgliedsgemeinden,

die Trägerschaft der allgemeinbildenden öffentlichen Schulen,

die Errichtung und Unterhaltung von zentralen Sport-, Spiel- und Freizeitanlagen, die mehreren Mitgliedsgemeinden dienen,

die Errichtung und Unterhaltung von Sozialeinrichtungen, die mehreren Mitgliedsgemeinden dienen, sowie Kindertagesstätten,

die Aufgaben nach dem Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz,

die Straßenbaulast bei außerörtlichen Gemeindestraßen

sowie die Trinkwasserversorgung und die Abwasserbeseitigung

 

sein.

Bereits bei diesem Katalog wird deutlich, dass wesentliche Aufgaben, vor allem solche mit engem örtlichen Bezug, nach wie vor bei den Mitgliedsgemeinden in eigener Zuständigkeit und politischer Entscheidungskompetenz verbleiben. Ich nenne hier nur:

 

 

den gemeindlichen Straßenneu- und ausbau,

die Aufstellung der Bebauungspläne,

die kommunalen Finanz- und Steuerhoheit z.B. Grund- und Gewerbesteuern,

das Satzungsrecht,

die Einrichtung und Unterhaltung gemeindlicher Einrichtungen, wie z. B. Friedhöfe, Bibliotheken, Dorfgemeinschaftshäuser, Sportplätze sowie

die Vereinsförderung.

 

 

Anrede,

Sie sehen, die in der Diskussion gelegentlich geäußerten Befürchtungen, der Bebauungsplan werde nicht mehr im Ort aufgestellt und der Friedhof werde fremdverwaltet, sind unbegründet.

Die Verbandsgemeinde erfüllt ferner die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden, die ihr zur Erfüllung übertragen werden. Eine Rückübertragung soll unter bestimmten Bedingungen möglich sein. Auch dies ist nicht neu, sondern entspricht den bisher geltenden Regelungen für Verwaltungsgemeinschaften.

Schließlich erfüllt die Verbandsgemeinde, wie bisher schon die Verwaltungsgemeinschaft, die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden.

Die bisherige Verwaltungsgemeinschaft entwickelt sich weiter, sie ändert ihre Erscheinungsform, was die neue Bezeichnung "Verbandsgemeinde" begründet. Die bisherige Mitgliedsgemeinde bleibt rechtlich selbständig.

Der Gemeinschaftsausschuss wird nach der Direktwahl zum Verbandsgemeinderat, die bisherige Vertretung der Mitgliedsgemeinde bleibt der Gemeinderat. Dem Gemeinderat der Mitgliedsgemeinde gehört nach wie vor der direkt gewählte Bürgermeister an, während der mittelbar gewählte Verwaltungschef der Verbandsgemeinde die Bezeichnung "Verbandsgemeindedirektor" führt.

Die Verbandsgemeinde erhäl, wie die bisherige Verwaltungsgemeinschaf, die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie ist aber im Unterschied zur Verwaltungsgemeinschaft bisherigen Rechts als Gemeindeverband im Sinne unserer Landesverfassung anzusehen.

Dies beruht auf der gesetzlichen Zuweisung originärer Zuständigkeiten des eigenen Wirkungskreises, die ¿ ich betone -neben den verbleibenden Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden stehen. Schließlich erkennt Art. 87 der Landesverfassung neben den Gemeinden und Landkreisen zusätzlich und ausdrücklich auch die Gemeindeverbände als Träger kommunaler Selbstverwaltung an.

Hier danke ich ausdrücklich dem damaligen stellvertretenden Vorsitzenden des Verfassungsausschusses unseres Landtages, unserem Kollegen Becker, dem es zu verdanken ist, dass in unserer Landesverfassung in weiser Voraussicht neben den Gemeinden und Landkreisen der Gemeindeverband verankert wurde. Wir folgen dem Verfassungsauftrag vielleicht etwas spät, jedoch nicht zu spät, lieber Herr Becker.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht den weder im Grundgesetz noch in der Landesverfassung näher definierten Begriff des Gemeindeverbandes weit auslegt. Damit verfügt das Land bei der rechtlichen Ausgestaltung von Gemeindeverbänden auch über einen weiten Gestaltungsspielraum.

Denn das Gericht versteht unter Gemeindeverbänden kommunale Zusammenschlüsse, die entweder zur Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben gebildete Gebietskörperschaften sind oder die diesen ¿ wie die in diesem Entwurf gewählte Struktur - "nahekommen".

Auf dieser Grundlage trägt der hier vorgestellte Gemeindeverband auch die Bezeichnung "Verbandsgemeinde".

Anrede,

neben der aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendigen Wahl der Vertretung der Verbandsgemeinde durch die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedsgemeinden wird die Stellung des Verwaltungschefs als zweitem Organ in verwaltungstechnischer Hinsicht gestärkt, z.B. durch die Anhebung des Qualifikationserfordernisses.

Die Wahlzeit wird nicht verlängert. Gleichzeitig soll diese Funktion nicht "politisiert" werden, d.h. der Verwaltungschef soll nicht den Status eines Bürgermeisters erhalten. Mithin soll er nicht direkt gewählt werden, ihm sollen keine Repräsentationsbefugnisse für die Verwaltungsgemeinschaft oder ihre Mitgliedsgemeinden zustehen. Repräsentant der Verbandsgemeinde ist der aus der Mitte des Verbandsgemeinderates gewählte Vorsitzende neben den ehrenamtlichen Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden.

Der Verbandsgemeindedirektor kann ¿ im Gegensatz zu den ehrenamtlichen Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden - nicht Mitglied des Verbandsgemeinderates werden.

Er hat auch, gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag, kein Widerspruchsrecht gegen rechtswidrige Beschlüsse der Gemeinderäte der Mitgliedsgemeinden. Dafür besteht jedoch eine Anzeigepflicht gegenüber der Kommunalaufsicht.

Dieses Widerspruchsrecht verbleibt bei den ehrenamtlichen Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden. Denn der Verbandsgemeindedirektor ist weder Aufsicht, noch, wie schon gesagt, "Ober"-Bürgermeister über die Mitgliedsgemeinden. Gestärkt wird mit den gefundenen Regelungen das in der Verbandsgemeindestruktur angelegte Kräfteverhältnis, wonach das politische Schwergewicht weiterhin bei den Mitgliedsgemeinden liegen soll.

Anrede,

ich habe Ihnen die Grundzüge des dritten Vorschaltgesetzes vorgestellt. Daneben sind Anpassungen in anderen Rechtsvorschriften vorzunehmen.

Lassen Sie uns diesen Entwurf in den Ausschüssen intensiv erörtern, damit unsere Kommunen so bald wie möglich Planungssicherheit und Orientierung erhalten. Ich bitte um die überweisung in den Ausschuss.

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