Bürgerschaftliche Teilhabe und Mitwirkung
Bürgerschaftliche Teilhabe und Mitwirkung am kommunalpolitischen Geschehen
Das durch das Grundgesetz und die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt garantierte Recht der kommunalen Selbstverwaltung ermöglicht es den Kommunen, ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.
Den Einwohnerinnen und Einwohnern sowie den Bürgerinnen und Bürgern der Kommunen bieten sich vielfältige Möglichkeiten, sich am kommunalpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess zu beteiligen. Das in der Regel freiwillige bürgerschaftliche Engagement wird durch die gesetzliche Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürger zur Übernahme und Ausübung von Ehrenämtern und sonstigen ehrenamtlichen Tätigkeiten für die Kommune zu verpflichten, ergänzt.
Unterschied zwischen Einwohner und Bürger
Einwohnerin oder Einwohner einer Kommune ist jede Person, die in der Kommune wohnt, unabhängig davon, wie alt sie ist und welcher Nationalität sie angehört (§ 21 Abs. 1 KVG LSA).
Bürgerinnen oder Bürger einer Kommune sind die Einwohnerinnen oder Einwohner, die Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes sind oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen, das 16. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten in der Kommune wohnen (§ 21 Abs. 2 KVG LSA).
1. Möglichkeiten der ehrenamtlichen Tätigkeit
1.1. Ehrenamtliche Mitwirkung in kommunalen Organen
Bürgermeister in Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden, aber auch Ortsbürgermeister und Ortsvorsteher in den Ortschaften sind kraft Gesetzes Ehrenbeamte auf Zeit und als solche für die Gemeinde ehrenamtlich tätig. Die von den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern in die Vertretung der Kommune (=Gemeinderat, Stadtrat, Verbandsgemeinderat oder Kreistag) gewählten Mitglieder üben das ihnen übertragene Mandat ehrenamtlich aus (§ 36 KVG LSA).
1.2. Sachkundige Einwohner
Zur Vorberatung ihrer Verhandlungen oder einzelner Verhandlungsgegenstände kann die Vertretung beratende Ausschüsse bestellen. In diese beratenden Ausschüsse kann die Vertretung sachkundige Einwohnerinnen und Einwohner widerruflich als Mitglieder mit beratender Stimme berufen (§ 49 Abs. 3 KVG LSA).
1.3. Interessenvertreter, Beauftragte, Beiräte
Die Kommunen können in eigener Entscheidungskompetenz für bestimmte Aufgabenbereiche besondere Interessenvertreter und Beauftragte bestellen sowie Beiräte bilden (§ 79 KVG LSA). Unabhängig davon sollen die Kommunen Kinder und Jugendliche, Senioren, Menschen mit Behinderungen, Zuwanderer und andere gesellschaftlich bedeutsame Gruppen bei Planungen und Vorhaben, die deren spezifische Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen (§ 80 KVG LSA).
Aufwandsentschädigungen
Für die ehrenamtlich Tätigen ist im Kommunalverfassungsgesetz der Anspruch auf eine Entschädigung verankert (§ 35 KVG LSA). Diese erfolgt in Form des Ersatzes von Auslagen und Verdienstausfall. Der Auslagenersatz kann auch pauschaliert durch Aufwandsentschädigungen erfolgen. Die konkreten Beträge der Aufwandsentschädigungen für die einzelnen Tätigkeiten können der Entschädigungssatzung der jeweiligen Kommune entnommen werden. Das Ministerium für Inneres und Sport hat in der Kommunal-Entschädigungsverordnung für die allgemein üblichen ehrenamtlichen Tätigkeiten die Höchstbeträge festgelegt, in deren Rahmen sich die Kommunen bewegen dürfen.
2. Einwohnerantrag
Einwohnerinnen und Einwohner der Kommune, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können mittels eines Einwohnerantrages beantragen, dass die Vertretung bestimmte Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises, die in der gesetzlichen Zuständigkeit der Vertretung liegen, berät. Allerdings muss der Antrag von einer näher bestimmten Anzahl der stimmberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner unterzeichnet sein (§ 25 Abs. 3 KVG LSA). Ist der Einwohnerantrag zulässig, hat die Vertretung innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrages über diesen zu beraten. Zu einer konkreten Beschlussfassung ist die Vertretung jedoch nicht verpflichtet. Näheres zum Einwohnerantrag regelt § 25 KVG LSA.
3. Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Bürgerinnen und Bürger können mit einem Bürgerbegehren beantragen, dass sie über eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises anstelle der Vertretung selbst entscheiden. Näheres hierzu regelt § 26 KVG LSA. Ist das Bürgerbegehren zulässig, so ist innerhalb von drei Monaten der Bürgerentscheid durchzuführen. Näheres zum Bürgerentscheid regeln § 27 KVG LSA sowie das Kommunalwahlgesetz für das Land Sachsen-Anhalt.
4. Einwohnerfragestunde
Bei öffentlichen Sitzungen der Vertretung und ihrer beschließenden Ausschüsse sind Einwohnerfragestunden vorzusehen; bei öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse können Einwohnerfragestunden durchgeführt werden. Die Fragestunden sollen den Einwohnerinnen und Einwohnern ermöglichen, Fragen, Anregungen und Probleme an das jeweilige sach- und entscheidungskompetente Gremium heranzutragen und insoweit Informationen zu erhalten (§ 28 Abs. 2 KVG LSA).
Auch die Ortschaftsräte und deren beschließenden Ausschüsse haben für die in den Ortschaften wohnenden Einwohnerinnen und Einwohner bei öffentlichen Sitzungen Fragestunden vorzusehen (§ 84 Abs. 5 KVG LSA).
5. Einwohnerversammlung
Gemäß § 28 Abs. 1 KVG LSA soll der Hauptverwaltungsbeamte über allgemein bedeutsame Angelegenheiten der Kommune die betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner in geeigneter Form unterrichten. In Gemeinden und Verbandsgemeinden kann der Hauptverwaltungsbeamte zu diesem Zweck eine Einwohnerversammlung einberufen.