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Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Antrag der Fraktion der CDU: "Videoüberwachung zur Kriminalitätsbekämpfung";
Landtagssitzung am 7./8. Oktober 1999

08.10.1999, Magdeburg – 132

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 132/99

 

Magdeburg, den 8. Oktober 1999

 

 

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Antrag der Fraktion der CDU: "Videoüberwachung zur Kriminalitätsbekämpfung";

Landtagssitzung am 7./8. Oktober 1999

 

 

Politische Diskussionen um Gesetzesänderungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit bergen im besonderen Maße die Gefahr emotional geführt zu werden. Dafür gibt es in jüngster Zeit genug Beispiele.

Auf der einen Seite stehen die, die glauben machen wollen, daß man bereits durch die bloße änderung von gesetzlichen Grundlagen für Polizei und Justiz die Patentlösung zur Kriminalitätsbekämpfung hätte. Auf der anderen Seite stehen jene, die gleich den Polizei- und überwachungsstaat herbeireden wollen. Wobei sie dabei berechtigte Sicherheitsinteressen ebenso negieren, wie die rechtsstaatlichen Garantien, die unverhältnismäßigen Eingriffen in die Freiheitsrechte vorbeugen.

Ich denke, wir sollten uns dieses hinlänglich bekannte Diskussionsmuster im Vorfeld der Beratungen zur änderung unseres SOG ersparen. Auch aufgrund der Fassung des vorliegenden Antrags und seiner Begründung möchte ich deshalb die Gelegenheit zu einigen Anmerkungen im Interesse der Sache nutzen.

Zunächst zum ersten Punkt, der von der PD Halle beabsichtigten überwachung des dortigen Marktplatzes.

Wichtig ist mir, hervorzuheben, dass diese Maßnahme nicht allein steht. Ich begrüße es vielmehr außerordentlich, dass die PD Halle der zum Teil spezifischen Kriminalitätsbelastung der Stadt ein Bündel vielfältiger Maßnahmen entgegensetzt.

Dabei ist an erster Stelle eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Stadt, den öffentlichen Verkehrsbetrieben, dem Bundesgrenzschutz, sozialen Fördervereinen, Jugendprojekten, Schulämtern usw. zu nennen. Ein solcher Ansatz folgt der heute völlig unumstrittenen Einsicht, dass Kriminalitätsprävention nicht nur eine Aufgabe der Polizei sein kann, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.

Daneben hat die Polizeidirektion Halle mehrere polizeitaktische Maßnahmen ergriffen. Diese verfolgen das Ziel, insbesondere der Drogen- und Beschaffungskriminalität, Ladendiebstählen, Kfz-Aufbrüchen oder Straßenraub wirksam entgegen zu treten. Hinzu kommt die nachhaltige Steigerung der sichtbaren Präsenz der Polizei im Stadtgebiet, die dem Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger besonders Rechnung trägt.

Beides, polizeitaktische Konzeptionen und eine enge Zusammenarbeit mit der Stadt, mit städtischen Einrichtungen und gesellschaftlichen Gruppierungen greifen ineinander und sind Bestandteil eines Maßnahmekonzepts. Welches das Ziel hat, die Kriminalität in der Stadt Halle wirksam zurück zu drängen.

Als einen Baustein dieses Gesamtkonzeptes sieht die Polizeidirektion Halle vor, bestimmte Kriminalitätsbrennpunkte, mittels Videotechnik zu beobachten, insbesondere in Bezug auf den illegalen Drogenhandel.

In enger Abstimmung mit der Stadt hat die Polizei als Standort der Videokameras den Marktplatz ausgewählt. Den Marktplatz deshalb, weil dieser einen bedeutenden Kriminalitätsschwerpunkt in Halle darstellt.

Ich lege nach der etwas irritierenden Diskussion in Halle im übrigen Wert auf die ausdrückliche Klarstellung, dass die genannte Abstimmung mit der Stadt nichts an der Durchführung der Maßnahme durch die Polizei und ihrer Zuständigkeit ändert.

Im Einzelnen sollen zwei Kameras das Geschehen auf dem Markt mit übersichtsaufnahmen erfassen und auf Bildschirme im Lage- und Führungszentrum der Polizeidirektion übertragen. Ein Heranzoomen des Bildes, so dass personenbezogene

Daten überhaupt erhoben werden können, ist nur dann vorgesehen, wenn die beobachtenden Beamten Gefahren oder Straftaten wahrnehmen. Wenn sich aus dem vergrößerten Bildausschnitt ergibt, dass ein hinreichender Verdacht für eine Straftat besteht, soll die Aufzeichnungsfunktion in Betrieb gesetzt werden. Auf dem Marktplatz selbst wird durch entsprechende Hinweisschilder auf den Einsatz der Videotechnik hingewiesen werden.

Anrede,

gerade diese Hinweispflicht macht, wie ich denke, eines ganz deutlich: Hier handelt es sich eben nicht um eine heimliche Bespitzelung von Bürgerinnen und Bürgern geht, wie sie die Teilnehmer der Demonstrationen des Herbstes 89 noch in böser Erinnerung haben.

Sondern es handelt sich um eine überwachung, die bewusst offen angelegt ist, um potentielle Straftäter abzuschrecken und, wenn nötig, effektives Einschreiten der Polizei gegen Gefahren, und die Beweisführung zu erleichtern.

Anrede,

Ich halte den gezielten Einsatz von Videoüberwachungstechnik an Kriminalitätsschwerpunkten allgemein für ein sinnvolles, notwendiges polizeiliches Mittel. Damit meine ich nicht, nach dem Vorbild englischer Kommunen ganze Stadtbereiche oder gar ganze Städte undifferenziert mit Kameras zu versehen, so dass kein Bürger mehr durch seine Stadt gehen kann, ohne sich beobachtet zu fühlen.

Und ich denke, man tut der sachlichen Diskussion dieser Materie keinen Gefallen, wenn man einen entsprechenden Eindruck erweckt. Eine Videoüberwachung schlicht für belebte Marktplätze Halles zu fordern, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, geht in diese Richtung.

Es mag ja sein, dass auf allen belebten Marktplätzen Straftaten begangen werden. Das macht aber sicherlich noch keinen Kriminalitätsschwerpunkt aus. Um damit zum zweiten Punkt des Antrages, der geforderten Gesetzesänderung überzuleiten:

Diesbezüglich geht es im Hinblick auf die Ermächtigung zu Bildaufnahmen und ¿aufzeichnungen im wesentlichen um eine präzisere und sachgerechtere Beschreibung der Orte, an denen diese überwachung durch die Polizei erlaubt sein soll.

Videoüberwachung ist in unserem Polizeigesetz nichts Neues. Wir kennen sie etwa für Verkehrsanlagen oder ¿einrichtungen wie Fußgängerunterführungen, wo sie unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist.

Für Kriminalitätsschwerpunkte, die sich außerhalb der im Gesetz genannten gefährdeten Objekten oder deren Umkreis befinden, sieht unser Polizeirecht bisher keine Befugnis vor. Der Einsatz von Videotechnik ist hier lediglich in der Form möglich, dass ohne Aufzeichnung übersichtsaufnahmen gefertigt werden, auf denen einzelne Personen nicht identifizierbar sind. Heranzoomen und Aufzeichnen beruht auf Strafverfahrensrecht.

Eine unbefriedigende juristische Hilfskonstruktion. Das wird schon dadurch deutlich, dass ständig ein Beamter vor dem Bildschirm sitzen und darauf achten muss, ggf. rechtzeitig die Aufzeichnungstaste zu drücken, um Straftaten beweiskräftig zu dokumentieren.

Insofern sollte das Gesetz durch eine genau bestimmte räumliche Erweiterung des jetzigen Tatbestandes auch im Sinne der Rechtssicherheit nachgebessert werden. Um es in diesem Zusammenhang nochmals klarzustellen: Mir geht es um die gezielte überwachung derjenigen Orte, an denen sich brennpunktartig die Kriminalität in unserem Land abspielt.

Die datenschutzrechtlichen Standards werden hierdurch nicht in Frage gestellt werden. So ist grundsätzlich auf den Einsatz von Aufzeichnungsgeräten hinzuweisen.

Und es bleibt im Hinblick auf Aufzeichnungen bei den strengen Löschungsfristen, die im Grundsatz durch selbsttätiges überspielen der Videobänder gewährleistet werden.

Anrede,

die Landesregierung wird im Rahmen ihres änderungsentwurfs zum SOG eine entsprechende Regelung vorschlagen. Diese Regelung bedarf wie das gesamte Gesetz einer eingehenden Vorbereitung und parlamentarischen Beratung. So sehr ich also vom änderungsbedarf im Gesetz überzeugt bin, so wenig halte ich von einer übereilten und dem wichtigen Gegenstand unangemessenen Beschlussfassung, wie sie der Antrag der CDU fordert.

 

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