?Stalker kommen aus allen Schichten und
Bevölkerungsgruppen?
14.11.2007, Magdeburg – 316
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 316/07
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 316/07
Magdeburg, den 14. November 2007
¿Stalker kommen aus allen Schichten und
Bevölkerungsgruppen¿
Innenminister beantwortet Kleine Anfrage
¿Stalker kommen aus allen sozialen
Schichten und Altersgruppen. Es gibt sowohl weibliche als auch männliche
Stalker, wobei Männer deutlich überwiegen. Stalking kann bei den Opfern erhebliche und lang andauernde
psychosoziale Folgen. In Sachsen-Anhalt gibt es mittlerweile eine
Vielzahl von Handreichungen für Betroffene. Darin werden konkrete
Verhaltensweisen beschrieben, mit denen sich Stalking-Opfer vor Nachstellungen
schützen können.¿
Das sind Kernsätze der Antwort
von Innenminister Holger Hövelmann (SPD) auf eine Kleine Anfrage der
Landtagsabgeordneten Barbara Knöfler (Linke). Wir dokumentieren den Wortlaut
und fügen das aktuelle Faltblatt des Innenministeriums als PDF bei.
1. Wie gehen Stalker vor, was machen Stalker?
Grundsätzlich ist
eine Vielzahl von verschiedenen Handlungen, die im Einzelfall als Belästigung
und/oder Nachstellung zu bewerten sind, denkbar.
Eine typische Stalking-Verhaltensweise ist die ständige und
unerwünschte Kontaktaufnahme mit dem Opfer, z. B. durch Briefe, Telefonanrufe,
E-Mails und Kurzmitteilungen auf ein Mobiltelefon. Auch das andauernde
Beobachten und Verfolgen des Opfers, das demonstrative Warten vor dessen Haus,
dessen Wohnung oder in der Nähe von dessen Arbeitsplatz sowie das Ausfragen von
Nachbarn, Bekannten, Arbeitskollegen etc. werden u.a. von Betroffenen
berichtet. Häufig richten sich die Belästigungen neben dem
primären Zielobjekt auch gegen enge Familienangehörige, Freunde oder den neuen
Partner.
Trotz der Vielfalt
typischer Taten, die Stalking zugeordnet werden können, gibt es keine
spezifischen Verhaltensweisen, d. h. die Möglichkeit auf Grund einer
Verhaltensweise auf Stalking zu schließen, ist nicht gegeben.
2. Was wollen Stalker mit ihrer grenzenlosen Belästigung erreichen?
Die den Nachstellungshandlungen zu Grunde liegenden Motivationen können
unterschiedlicher Art sein. In den meisten Fällen spielen die Wiederherstellung
einer Beziehung, der Wunsch nach Vergeltung, die Vorbereitung eines sexuellen
Angriffs, das ¿Werben um einen Traumpartner¿ sowie die Vorstellung, einen
¿Anspruch¿ auf einen anderen Menschen zu haben, eine Rolle.
3. Wer kann Stalking-Opfer werden?
Laut einschlägiger Studien werden etwa 8 % aller Frauen und 2 % aller
Männer während ihres Lebens mindestens einmal Stalking-Opfer.
Betroffen sind hauptsächlich junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren. In etwa
80 % der Fälle ist der Stalker der Ex-Partner. In der Mehrzahl der von
ehemaligen Partnern belästigten Opfern ging den Nachstellungshandlungen Gewalt
in der bestehenden Beziehung voraus.
4. Wer ist in den meisten Fällen der Täter?
Stalker kommen aus allen sozialen Schichten und Altersgruppen. Es gibt
sowohl weibliche als auch männliche Stalker, wobei aber ein deutliches
Überwiegen von Männern typisch ist. Etwa 80 % der Stalker sind männlich, die
meisten zwischen 30 und 40 Jahre alt. Viele Stalker sind arbeitslos oder haben
wegen ihres aufwändigen Stalking-Verhaltens die Arbeitsstelle verloren.
Auffällig ist, dass unter den Stalkern viele Personen mit gescheiterten
Beziehungen sind.
Alle bisher vorliegenden Studien zeigen übereinstimmend, dass sich die
mit Abstand größte Gruppe der Stalker aus Ex-Partnern der Opfer rekrutiert.
Diese Konstellation ist mit einem besonders hohen Risiko für gewalttätiges
Verhalten des Stalkers verbunden.
5. Was empfindet ein Stalking-Opfer?
Das Erleiden
emotionaler und seelischer Verletzungen wird in der kriminologischen Literatur
als schwerwiegendste Folge einer Straftat bezeichnet. In Bezug auf Stalking
wird von Reaktionen in Form von Symptomen wie z. B. gemindertes
Selbstvertrauen, Angst- und Vermeidungsverhalten sowie Antriebsarmut,
Schlafstörungen und Albträumen berichtet. Insgesamt ist davon auszugehen, dass Stalking bei den
Opfern erhebliche und lang andauernde psychosoziale Folgen haben kann. Es ist
allerdings zu beachten, dass psychisch labile Menschen oder
bereits an psychischen Störungen leidende Menschen möglicherweise häufiger
Opfer von Stalkern werden. Dieser Mechanismus ist aus der Opferforschung
(Viktimologie) für andere Delikte bereits gut belegt und wird auch für
Stalking-Opfer angenommen.
6. Wie können sich Stalking-Opfer wehren, was können Betroffene tun?
In Sachsen-Anhalt gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Handreichungen
für Betroffene. Darin werden konkrete Verhaltensweisen beschrieben, mit denen
sich Stalking-Opfer vor Nachstellungen schützen können. In diesem Zusammenhang
sei auf die vom Landeskriminalamt
Sachsen-Anhalt erarbeiteten Faltblätter ¿Gewalt in Paarbeziehungen ¿
Verhaltensempfehlungen und rechtliche Möglichkeiten¿ und ¿Stalking ¿
Informationen für Betroffene von schwerer Belästigung und Nachstellung¿ hingewiesen.
7. Welche rechtlichen Möglichkeiten haben
Betroffene?
Den Betroffenen sind sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche
Möglichkeiten eröffnet. Nach dem ¿Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor
Gewalttaten und Nachstellungen¿ -Gewaltschutzgesetz ¿ BGBl. I 2001, 3513) kann das Gericht unter den darin
näher bezeichneten Voraussetzungen zur
Abwendung weiterer Verletzungen anordnen, dass es der Täter unterlässt, die
Wohnung der verletzten Person zu betreten, sich in einem bestimmten Umkreis der
Wohnung der verletzten Person aufzuhalten; andere Orte aufzusuchen, an denen
sich die verletzte Person regelmäßig aufhält; Verbindung zur verletzten Person,
auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln aufzunehmen; sonstige
Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen.
Wohnt die verletzte Person mit dem Täter zusammen, so kann das Gericht
anordnen, dass der Täter die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Nutzung
zu überlassen hat. Das gerichtliche Verfahren wird in der Regel im Eilverfahren
im Wege der einstweiligen Anordnung durchgeführt.
Das heißt, im Eilverfahren kann in dringenden Fällen davon abgesehen
werden, den mutmaßlichen Täter, welcher in diesem Verfahren der Antragsgegner wäre,
zu hören.Die Anordnungen sind sofort vollziehbar. Das Opfer kann bei jeder
Zuwiderhandlung gegen Schutzanordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz direkt den
Gerichtsvollzieher hinzuziehen, der bei Widerstand Gewalt anwenden und sich
auch dazu der Hilfe der Polizei bedienen kann. Daneben besteht weiterhin die
Möglichkeit bei Verstößen die Verhängung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft zu
beantragen.
Nach § 4 Gewaltschutzgesetz kann derjenige, der einer gerichtlich
bestimmten vollstreckbaren Anordnung zuwiderhandelt, mit Freiheitsstrafe bis zu
1 Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden. Die Strafbarkeit nach anderen
Vorschriften wie beispielsweise §§ 186, 223, 241 und § 238 StGB bleibt dabei
unberührt.
Mit dem am 31.03.2007 in Kraft getretenen 40. Strafrechtsänderungsgesetz
hat der Gesetzgeber mit § 238 StGB einen besonderen Straftatbestand zur
Bekämpfung des Stalking geschaffen:
Nach § 238 StGB kann mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft werden, wer einem anderen Menschen unbefugt nachstellt,
indem er beharrlich
1.
seine räumliche Nähe
aufsucht,
2.
unter Verwendung von
Telekommunikationsmitteln oder sonstigen Mitteln der Kommunikation über Dritte
Kontakt zu ihm herzustellen versucht,
3.
unter missbräuchlicher
Verwendung von dessen personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder
Dienstleistungen für ihn aufgibt oder Dritte veranlasst, mit diesen Kontakt
aufzunehmen,
4.
ihn mit der Verletzung
von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst
oder einer ihm nahestehenden Person bedroht oder
5.
eine andere
vergleichbare Handlung vornimmt und dadurch seine Lebensgestaltung
schwerwiegend beeinträchtigt.
Dieser Grundtatbestand ist als Strafantragsdelikt ausgestaltet, es sei
denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen
Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten
hält. Die Absätze 2 und 3 des § 238 StGB sehen eine Strafschärfung vor, wenn
das Opfer durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung
gerät (Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren). Verursacht der Täter
durch die Tat den Tod des Opfers, so ist die Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu
15 Jahren.
Zudem wurde durch das 40. Strafrechtsänderungsgesetz der Haftgrund der
Wiederholungsgefahr gemäß § 112 a StPO erweitert. Danach kann Untersuchungshaft
angeordnet werden, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist, eine Tat
begangen zu haben, die die Voraussetzungen der Qualifikationstatbestände des §
238 Abs. 2 oder 3 StGB erfüllt.
8. Wie viele gerichtsanhängige Stalking-Prozesse
gibt es derzeitig in Sachsen-Anhalt?
Die Frage kann nur
eingeschränkt beantwortet werden, da das soziale Phänomen des Stalking wegen
seines Variantenreichtums unterschiedliche Straftatbestände erfüllen und der
Tatbestand des § 238 StGB erst seit dem 19.06.2007 im staatsanwaltschaftlichen
EDV-System statistisch erfasst werden kann. Bezogen auf den Tatbestand des §
238 StGB sind im Land Sachsen-Anhalt bislang insgesamt 12 Anklagen erhoben
worden. Weitergehende Angaben würden eine Einzelauswertung aller bei den
Staatsanwaltschaften geführten Vorgänge notwendig machen. Dieser enorme Zeit-
und Kostenaufwand würde den Rahmen der
Beantwortung der Kleinen Anfrage bei Weitem sprengen.
9. Wo finden Betroffene Hilfe? Bitte konkrete
Anschriften, Telefonnummern, Faxnummern und E-Mail-Kontaktadressen.
Eine
Übersicht zu den Hilfeeinrichtungen und deren Anschriften, Telefonnummern und
E-Mail-Kontaktadressen:
Interventionsstellen
Interventionsstelle häusliche Gewalt Halle
Zerbster Straße 14
06124 Halle/Saale
Tel.: 0345/ 686 79 07
intervenstionsstelle-halle@web.de
www.awo-halle.de/beratungsstellen/hausliche-gewalt.htm
Interventionsstelle häusliche Gewalt Magdeburg
Über Sozial- und Wohnungsamt
Wilhelm-Höpfner-Ring 4
39116 Magdeburg
Tel.: 0391/ 610 62 26
interventionsstelle@gmx.de
Interventionsstelle häusliche Gewalt Dessau
C/o Sozialkulturelles Frauenzentrum
Törtenerstraße 44
06842 Dessau
Tel.: 0340/ 21 65 100
Intervention.dessau@web.de
www.frauenzentrum-dessau.de
Interventionsstelle Stendal
C/o Verein Miß-Mut
Bruchstraße 1
39576 Stendal
Tel.: 03931/ 70 01 05
miss-mut.stendal@web.de
ambulante Beratungsstellen der Frauenhäuser
Magdeburg
·
Wilhelm-Höpfner-Ring 4, 39116 Magdeburg
·
Öffnungszeiten: Mo, Do - Fr: 9.00-12.00 Uhr
·
Telefon: (0391) 540 34 25
Halle
·
Marktplatz 1, 06108 Halle (Raum 705)
·
Öffnungszeiten: Mo + Mi: 15.00-18.00 Uhr
·
Telefon: (0345) 221 4794
Wolmirstedt
· Schwimmbadstr. 2a, 39326 Wolmirstedt (Raum 207)
·
Öffnungszeiten: Mo, Do: 15.00-18.00 Uhr / Di:
14.00-16.00 Uhr
·
Telefon: (039201) 703325 Mobil: 0171 704 70 62
·
Außenstellen:
o
Haldensleben
o
Landratsamt Landkreis Börde, Gerikestr. 104, 39340
Haldensleben
o
Öffnungszeiten: jeden 1. Do 14.00-16.00 Uhr
o
Telefon: (039201) 703325 Mobil: 0171 704 70 62
o
Oebisfelde
o
Verwaltungsgemeinschaft Oebisfelde, Langestr. 12,
39359 Oebisfelde
o
Öffnungszeiten: jeden 4. Do 13.00-15.30 Uhr
o
Telefon: (039201) 703325 Mobil: 0171 704 70 62
o
Oschersleben
o
Triftstr. 9-10, Haus 3a, Zimmer 112, 39387
Oschersleben
o
Öffnungszeiten: jeden 1. Mo 10.00-12.00 Uhr
o
Telefon: (039201) 703325 Mobil: 0171 704 70 62
o
Wanzleben
o
Rathaus, Markt 1-2, 39164
Wanzleben
o
Öffnungszeiten: jeden 1. Mo 13.00-15.00 Uhr
o
Telefon: (039201) 703325 Mobil: 0171 704 70 62
Ballenstedt
·
Außenstelle:
·
Halberstadt
o
Gröperstr. 33, 38820 Halberstadt
o
Öffnungszeiten: Mo 9.00-12.00 Uhr / Do 13.00-18.00
Uhr
o
Telefon: (03941) 613 555 (24stünd. Erreichbarkeit)
Reinsdorf/Wittenberg
·
Außenstelle:
o
Jessen
o
AWO, Rosa-Luxemburg-Str. 108, 06917 Jessen
o
Öffnungszeiten: Di 13.00-16.00 Uhr
o
Telefon: (03537) 212274
Burg
· DRK, Alte Kaserne 25, 39288 Burg
· Öffnungszeiten: Mo 9.00-13.00
Uhr / Mi 13.00-16.00 Uhr
· Telefon: (03921)
21 40
Merseburg
·
Bürgerinformation, Burgstr. 5, Merseburg
·
Öffnungszeiten: Di: 13.00-18.00 Uhr
·
Telefon: (03461) 720 722
·
Außenstelle:
o
Querfurt
§
Volkssolidarität, Fliederweg 7, 06268 Querfurt
§
Öffnungszeiten: 9.00-13.00 Uhr
§
Telefon: (034771) 911 29
Magdeburg
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