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Eu­ro­päi­sches Bei­hil­fe­recht

Auf die­ser Seite wer­den den Kom­mu­nen, kom­mu­na­len Ver­bän­den und ihren wirt­schaft­lich tä­ti­gen Ein­rich­tun­gen In­for­ma­tio­nen zur Ver­fü­gung ge­stellt, um die An­wen­dung des Eu­ro­päi­schen Bei­hil­fe­rechts zu er­leich­tern und somit Be­schwer­de­fäl­le, Ne­ga­tiv­ent­schei­dun­gen bzw. Rück­for­de­run­gen sowie Kla­gen zu ver­mei­den.

Die Dar­stel­lung der Kon­se­quen­zen von bei­hil­fe­rechts­wid­ri­gen För­de­run­gen er­folgt aus Grün­den der Ri­si­ko­sen­si­bi­li­sie­rung.

Es wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es sich hier­bei um grund­le­gen­de In­for­ma­tio­nen han­delt und kein An­spruch auf Voll­stän­dig­keit be­steht. Die ent­hal­te­nen An­ga­ben kön­nen eine recht­li­che Be­ra­tung nicht er­set­zen. Die ver­bind­li­che Aus­le­gung des eu­ro­päi­schen Bei­hil­fe­rechts ist der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on und den eu­ro­päi­schen Ge­rich­ten vor­be­hal­ten.

Grund­sätz­li­ches

Das EU-​Beihilferecht ver­folgt den Schutz des frei­en, red­li­chen, un­ver­fälsch­ten und wirk­sa­men Wett­be­werbs in der Eu­ro­päi­schen Union und soll die­sen ins­be­son­de­re vor staat­li­chen Ein­grif­fen zu­guns­ten ein­zel­ner Un­ter­neh­men oder Wirt­schafts­zwei­ge schüt­zen.

Da staat­li­che Bei­hil­fen (Sub­ven­tio­nen) an ein­zel­ne Un­ter­neh­men den Wett­be­werb auf dem EU-​Binnenmarkt ver­fäl­schen kön­nen, gilt daher grund­sätz­lich ein Bei­hil­fe­ver­bot. Bei­hil­fen müs­sen des­halb vor ihrer Ge­wäh­rung bei der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on grund­sätz­lich an­ge­mel­det wer­den (sog. No­ti­fi­zie­rung). Die Kom­mis­si­on prüft dann, ob eine Ge­neh­mi­gungs­vor­schrift ein­greift, auf deren Grund­la­ge sie die Bei­hil­fe ge­neh­mi­gen kann.

Eine Bei­hil­fe ist mit dem Bin­nen­markt ver­ein­bar und damit ge­neh­mi­gungs­fä­hig, wenn die Bei­hil­fe nicht über das er­for­der­li­che Maß hin­aus­geht, um ein Ziel von ge­mein­sa­men eu­ro­päi­schen In­ter­es­sen zu er­rei­chen oder die­ses Ziel im Ver­gleich zu der ent­ste­hen­den Wett­be­werbs­ver­zer­rung im Bin­nen­markt über­wiegt.

Zu den staat­li­chen Bei­hil­fen zäh­len nicht nur di­rek­te fi­nan­zi­el­le Zu­wen­dun­gen, son­dern auch zins­ver­bil­lig­te Dar­le­hen, Staats­ga­ran­tien, Ka­pi­tal­zu­füh­run­gen, Schul­den­er­las­se, Steu­er­ver­güns­ti­gun­gen oder auch die Be­reit­stel­lung von Grund­stü­cken, Waren, Dienst­leis­tun­gen oder In­fra­struk­tu­ren zu Son­der­kon­di­tio­nen. Bei­hil­fen­emp­fän­ger kön­nen sämt­li­che Ein­hei­ten sein, die wirt­schaft­lich tätig sind, so zum Bei­spiel auch kom­mu­na­le Un­ter­neh­men.

Je­doch stellt nicht jede fi­nan­zi­el­le Zu­wen­dung aus öf­fent­li­chen Mit­teln auch eine Bei­hil­fe im Sinne des EU-​Rechts dar. Eine Bei­hil­fe liegt nur vor, wenn be­stimm­te Kri­te­ri­en er­füllt sind.

Wann liegt eine Bei­hil­fe vor?

Wann eine Bei­hil­fe tat­be­stand­lich vor­liegt, er­gibt sich aus Art. 107 Abs. 1 AEUV. Dort heißt es:

„So­weit in den Ver­trä­gen nicht etwas an­de­res be­stimmt ist, sind staat­li­che oder aus staat­li­chen Mit­teln ge­währ­te Bei­hil­fen gleich wel­cher Art, die durch die Be­güns­ti­gung be­stimm­ter Un­ter­neh­men oder Pro­duk­ti­ons­zwei­ge den Wett­be­werb ver­fäl­schen oder zu ver­fäl­schen dro­hen, mit dem Bin­nen­markt un­ver­ein­bar, so­weit sie den Han­del zwi­schen Mit­glied­staa­ten be­ein­träch­ti­gen.“

Der erste wich­ti­ge Schritt be­steht also darin, den Tat­be­stand des Art. 107 Abs. 1 AEUV zu prü­fen und Bei­hil­fen zu er­ken­nen. Da­nach setzt die Er­fül­lung des Bei­hilfe­tat­be­stan­des das ku­mu­la­ti­ve Vor­lie­gen fol­gen­der Merk­ma­le vor­aus:

  1. Un­ter­neh­mens­ei­gen­schaft des Bei­hil­fe­emp­fän­gers
  2. Vor­lie­gen einer Be­güns­ti­gung
  3. Fi­nan­zie­rung aus staat­li­chen Mit­teln
  4. Se­lek­ti­vi­tät der Be­güns­ti­gung
  5. (po­ten­zi­el­le) Ver­fäl­schung des Wett­be­werbs
  6. Be­ein­träch­ti­gung des zwi­schen­staat­li­chen Han­dels

Da alle Tat­be­stands­merk­ma­le ku­mu­la­tiv vor­lie­gen müs­sen, reicht es aus, wenn ein ein­zi­ges Tat­be­stands­merk­mal nicht ge­ge­ben ist, um die Bei­hil­fere­le­vanz einer Maß­nah­me aus­schlie­ßen zu kön­nen.

Die Prü­fungs­rei­hen­fol­ge der ein­zel­nen Tat­be­stands­merk­ma­le ist dabei un­er­heb­lich, d. h. es kann zweck­mä­ßi­ger­wei­se auch mit dem Tat­be­stands­merk­mal be­gon­nen wer­den, des­sen Ver­nei­nung im je­wei­li­gen Ein­zel­fall am er­folg­ver­spre­chends­ten er­scheint.

Es wird emp­foh­len, die in­ter­ne Prü­fung schrift­lich fest­zu­hal­ten und das Er­geb­nis der Bei­hil­fe­prü­fung sowie die tra­gen­den Grün­de sorg­fäl­tig zu do­ku­men­tie­ren und min­des­tens zehn Jahre zur Akte zu neh­men.

Weist die ge­plan­te För­der­maß­nah­me je­doch sämt­li­che an­ge­führ­ten Kri­te­ri­en auf, so ist grund­sätz­lich (Aus­nah­men vgl. „Was ist zu tun, wenn alle Kri­te­ri­en des Art. 107 Abs. 1 AEUV vor­lie­gen?“) davon aus­zu­ge­hen, dass eine Bei­hil­fe im Sinne des Ver­tra­ges über die Ar­beits­wei­se der EU be­steht.

De­fi­ni­ti­on der ein­zel­nen Tat­be­stands­merk­ma­le des Art. 107 Abs. 1 AEUV

1. Un­ter­neh­mens­ei­gen­schaft des Bei­hil­fe­emp­fän­gers

Bei­hil­fe­vor­schrif­ten gel­ten nur für Un­ter­neh­men. Der Be­griff des „Un­ter­neh­mens“ ist weit aus­zu­le­gen. Um­fasst sind alle Or­ga­ni­sa­ti­ons­ein­hei­ten, die eine wirt­schaft­li­che Tä­tig­keit aus­üben, und zwar un­ab­hän­gig von ihrer Rechts­form und der Art der Fi­nan­zie­rung.

  • Unter „wirt­schaft­li­cher Tä­tig­keit“ ist jede Tä­tig­keit zu ver­ste­hen, die darin be­steht, Waren oder Dienst­leis­tun­gen auf einem be­stimm­ten Markt an­zu­bie­ten.
  • Die Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht der Ein­rich­tung spielt dabei keine Rolle. Auch kirch­li­che, ka­ri­ta­ti­ve und ge­mein­nüt­zi­ge Ver­ei­ne kön­nen als Un­ter­neh­men ge­wer­tet wer­den, so­fern sie einer wirt­schaft­li­chen Tä­tig­keit nach­ge­hen.
  • Eben­so wenig ist die Or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tur eines Un­ter­neh­mens re­le­vant. Regie-​ und Ei­gen­be­trie­be öf­fent­li­cher Kör­per­schaf­ten kön­nen bei­spiels­wei­se als Un­ter­neh­men qua­li­fi­ziert wer­den, so­fern diese Be­trie­be nicht nur in­tern für die öf­fent­li­che Kör­per­schaft tätig sind, son­dern auch Leis­tun­gen auf dem Markt an­bie­ten.

Der bei­hil­fe­recht­li­che Un­ter­neh­mens­be­griff ist damit rein funk­tio­nal, d. h. nur von der Art der aus­ge­üb­ten Tä­tig­keit ab­hän­gig.

Auch eine privat-​ oder öffentlich-​rechtlich aus­ge­stal­te­te Ein­heit in öf­fent­li­cher Hand kann ganz oder teil­wei­se ein Un­ter­neh­men sein, so­weit sie wirt­schaft­lich tätig ist.

Eine wirt­schaft­li­che Tä­tig­keit liegt nicht vor, wenn ho­heit­lich ge­han­delt wird.

 

2. Vor­lie­gen einer Be­güns­ti­gung

Eine Be­güns­ti­gung in Form einer fi­nan­zi­el­len Zu­wen­dung bzw. eines geld­wer­ten Vor­teils liegt vor, wenn

  • die po­ten­zi­el­len Bei­hil­fe­emp­fän­ger keine an­ge­mes­se­ne, markt­ge­rech­te Ge­gen­leis­tung er­brin­gen oder
  • die Be­las­tun­gen, die ein po­ten­zi­el­ler Bei­hil­fe­emp­fän­ger nor­ma­ler­wei­se zu tra­gen hätte, sich ver­rin­gern.

Die Be­weg­grün­de und Ziele einer Maß­nah­me sind hier­bei un­be­acht­lich. Be­güns­ti­gun­gen kön­nen in un­ter­schied­li­cher Weise er­fol­gen und müs­sen nicht un­be­dingt in Form rei­ner Geld­leis­tun­gen er­bracht wer­den. Für das Vor­lie­gen einer Be­güns­ti­gung kommt es weder auf den Grund noch das Ziel des staat­li­chen Ein­grei­fens an. Ent­schei­dend ist al­lein die Wir­kung der Maß­nah­me bei ihrem Emp­fän­ger. Eine Be­güns­ti­gung liegt immer dann vor, wenn sich die fi­nan­zi­el­le Lage eines Un­ter­neh­mens ver­bes­sert, weil der Staat zu von den nor­ma­len Markt­be­din­gun­gen ab­wei­chen­den Kon­di­tio­nen ein­greift. Es ge­nügt jeder geld­wer­te Vor­teil.

Ein Vor­teil kann (auch) mit­tel­bar sein, also im Er­geb­nis (auch) an­de­ren Un­ter­neh­men ge­währt wer­den als den­je­ni­gen, denen die staat­li­chen Mit­tel un­mit­tel­bar zu­flie­ßen. Dabei han­delt es sich um eine mit­tel­ba­re Be­güns­ti­gung, die vor­liegt, wenn ein Vor­teil an ein drit­tes oder an drit­te Un­ter­neh­men „durch­ge­lei­tet“ wird.

Eine Be­güns­ti­gung liegt nicht vor, wenn ein pri­va­ter In­ves­tor unter glei­chen Be­din­gun­gen glei­che Maß­nah­men in einem Un­ter­neh­men glei­cher Größe tä­ti­gen würde (Kri­te­ri­um des markt­wirt­schaft­lich han­deln­den Wirt­schafts­be­tei­lig­ten). Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Staat für seine Leis­tung eine markt­üb­li­che Ge­gen­leis­tung er­hält bzw. eine markt­üb­li­che Ren­di­te zu er­war­ten ist. Für die Prü­fung, ob eine markt­üb­li­che Ge­gen­leis­tung vor­liegt, kann der so­ge­nann­te Mar­ket Eco­no­my Ope­ra­tor Test (MEOT) oder auch Pri­va­te In­ves­tor Test (PIT) – nä­he­re In­for­ma­tio­nen hier­zu fin­den Sie im In­ter­net –  ver­wen­det wer­den. Da Zu­schüs­se und Sub­ven­tio­nen ohne Ge­gen­leis­tung ge­währt wer­den, kann nach den ge­nann­ten Maß­stä­ben re­gel­mä­ßig von einer Be­güns­ti­gung aus­ge­gan­gen wer­den.

 

3. Fi­nan­zie­rung aus staat­li­chen Mit­teln

Eine Bei­hil­fe kann nur dann vor­lie­gen, wenn die in An­spruch ge­nom­me­nen Mit­tel un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar vom Staat stam­men. Ent­schei­dend ist immer, ob die ge­währ­ten Mit­tel der staat­li­chen Kon­trol­le un­ter­lie­gen und somit dem Staat zur Ver­fü­gung ste­hen.

Auf kom­mu­na­ler Ebene lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen hier­für z. B. dann vor, wenn Über­schüs­se einer städ­ti­schen Ge­sell­schaft auf der einen Seite (z. B. Er­trä­ge aus der En­er­gie­ver­sor­gung) auf An­wei­sung des ver­ant­wort­li­chen kom­mu­na­len Trä­gers zur Ab­de­ckung von Ver­lus­ten an­de­rer städ­ti­scher Ge­sell­schaf­ten (z. B. für Mu­se­en oder Schwimm­bä­der) ge­nutzt wer­den. In die­sem Fall macht die staat­li­che Ein­fluss­nah­me durch den kom­mu­na­len Trä­ger ori­gi­när pri­va­te Ein­nah­men zu staat­li­chen Mit­teln.

In die­sem Zu­sam­men­hang ist die sog. Quer­sub­ven­tio­nie­rung zu er­wäh­nen. Wenn ein Un­ter­neh­men so­wohl wirt­schaft­li­che als auch nicht­wirt­schaft­li­che Tä­tig­kei­ten aus­übt, be­steht die Ge­fahr, dass die bei­hil­fe­recht­lich un­be­denk­li­che För­de­rung der nicht-​wirtschaftlichen Tä­tig­keit zu einer Quer­sub­ven­tio­nie­rung der wirt­schaft­li­chen Tä­tig­keit und damit zu einer Bei­hil­fe führt. Dies kann aus­ge­schlos­sen wer­den, wenn si­cher­ge­stellt ist, dass keine wirt­schaft­li­chen Tä­tig­kei­ten aus­ge­übt wer­den, oder dass, wenn doch eine wirt­schaft­li­che Tä­tig­keit vor­liegt, ge­trenn­te Bü­cher ge­führt wer­den, in denen die Kos­ten und Ein­nah­men ord­nungs­ge­mäß zu­ge­wie­sen wer­den.

 

4. Se­lek­ti­vi­tät der Be­güns­ti­gung

Eine staat­li­che Maß­nah­me muss „be­stimm­te“, also se­lek­tiv aus­ge­wähl­te Un­ter­neh­men oder Pro­duk­ti­ons­zwei­ge be­güns­ti­gen, um als EU-​Beihilfe ein­ge­stuft zu wer­den.

All­ge­mei­ne Maß­nah­men, die nicht nur aus­ge­wähl­te Un­ter­neh­men oder Pro­duk­ti­ons­zwei­ge be­vor­zu­gen, sind keine Bei­hil­fen. All­ge­mei­ne Maß­nah­men ste­hen allen Un­ter­neh­men und Pro­duk­ti­ons­zwei­gen nach ob­jek­ti­ven Kri­te­ri­en un­ab­hän­gig von ihrer Größe, ihrer Bran­chen­zu­ge­hö­rig­keit und ihrem Stand­ort offen.

 

5. (po­ten­zi­el­le) Ver­fäl­schung des Wett­be­werbs

Nur Bei­hil­fen, die den Wett­be­werb ver­fäl­schen oder den Wett­be­werb zu ver­fäl­schen dro­hen, sind un­zu­läs­sig.

Ge­prüft wird in die­sem Zu­sam­men­hang, ob durch die Bei­hil­fe die Stel­lung des Bei­hil­fe­emp­fän­gers ge­gen­über sei­nen Mit­be­wer­bern ver­bes­sert wer­den kann.

Nicht er­for­der­lich ist, dass der Wett­be­werb tat­säch­lich ver­fälscht wird. Al­lein die Mög­lich­keit der Ver­fäl­schung des Wett­be­werbs reicht aus, um die­ses Kri­te­ri­um zu er­fül­len.

Die­ses Merk­mal ist in der Regel er­füllt, da jede Zu­wen­dung eines fi­nan­zi­el­len Vor­teils an ein Un­ter­neh­men des­sen Si­tua­ti­on im Wett­be­werb ver­bes­sert und sich da­durch auch die Si­tua­ti­on des ge­wäh­ren­den Mit­glied­staats im Wett­be­werb um Wirt­schafts­stand­or­te und Be­schäf­ti­gung po­si­tiv ent­wi­ckelt (weite Aus­le­gung).

 

6. Be­ein­träch­ti­gung des zwi­schen­staat­li­chen Han­dels

Die staat­li­che Maß­nah­me muss den Han­del zwi­schen den Mit­glied­staa­ten be­ein­träch­ti­gen kön­nen.

Das ist immer dann der Fall, wenn die Markt­stel­lung des be­güns­tig­ten Un­ter­neh­mens ge­gen­über sei­nen Mit­be­wer­bern aus an­de­ren EU-​Mitgliedstaaten ge­stärkt wird. Es ge­nügt die Mög­lich­keit der Be­hin­de­rung des Han­dels­ver­kehrs zwi­schen den Mit­glied­staa­ten. Der rein lo­ka­le und re­gio­na­le Cha­rak­ter einer Maß­nah­me be­deu­tet nicht au­to­ma­tisch, dass eine Maß­nah­me den grenz­über­schrei­ten­den Han­del nicht be­ein­flusst.

Aber: Aus­wir­kun­gen auf den Han­del zwi­schen Mit­glied­staa­ten kön­nen nicht bloß ver­mu­tet wer­den. Es muss fest­ge­stellt wer­den, warum die Maß­nah­me den Wett­be­werb ver­fälscht oder zu ver­fäl­schen droht und warum sie Aus­wir­kun­gen auf den Han­del haben könn­te. In einer Reihe von Be­schlüs­sen hat die EU-​Kommission fest­ge­stellt, dass der Bei­hil­fe­emp­fän­ger Waren oder Dienst­leis­tun­gen nur in einem geo­gra­fisch be­grenz­ten Ge­biet anbot und es un­wahr­schein­lich war, dass er Kun­den aus an­de­ren Mit­glied­staa­ten ge­win­nen würde. Über­dies war nicht davon aus­zu­ge­hen, dass die Maß­nah­me mehr als mar­gi­na­le Aus­wir­kun­gen auf grenz­über­schrei­ten­de In­ves­ti­tio­nen oder die Nie­der­las­sung von Un­ter­neh­men in an­de­ren Mit­glied­staa­ten haben würde.

Was ist zu tun, wenn alle Kri­te­ri­en des Art. 107 Abs. 1 AEUV vor­lie­gen?

Sind alle Kri­te­ri­en des Art. 107 Abs. 1 AEUV er­füllt, ist vom Vor­lie­gen einer Bei­hil­fe aus­zu­ge­hen. Als nächs­ter Schritt ist zu prü­fen, ob eine Aus­nah­me­re­ge­lung zur An­wen­dung ge­langt, wel­che die ge­plan­te Bei­hil­fe er­laubt.

Aus­nah­me­re­ge­lun­gen, die zur An­wen­dung ge­lan­gen könn­ten:

1. Aus­nah­me­be­stim­mun­gen eines vom Rat oder von der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on er­las­se­nen Rechts­akts

In der Pra­xis sind vor allem die von den Mit­glied­staa­ten oder von der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on er­las­se­nen Aus­nah­me­re­geln von Be­deu­tung. Nach­ste­hen­de Rechts­ak­te sind be­son­ders her­vor­zu­he­ben:

  • All­ge­mei­ne Grup­pen­frei­stel­lungs­ver­ord­nung (AGVO)
  • De-​minimis-Verordnung all­ge­mein (De-​minimis-VO)
  • Frei­stel­lungs­be­schluss der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on in Bezug auf Dienst­leis­tun­gen von all­ge­mei­nem wirt­schaft­li­chen In­ter­es­se (DAWI-​Freistellungsbeschluss)
  • De-​minimis-Verordnung zu Dienst­leis­tun­gen von all­ge­mei­nem wirt­schaft­li­chen In­ter­es­se (DAWI-​De-minimis-VO)

2. Aus­nah­me­be­stim­mun­gen, die sich aus Mit­tei­lun­gen der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on er­ge­ben

Neben den Aus­nah­me­re­ge­lun­gen, die di­rekt im EU-​Recht ver­an­kert sind, gibt es von der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on ver­öf­fent­lich­te Rechts­mei­nun­gen (sog. „Mit­tei­lun­gen“), die Vor­ga­ben für die Durch­füh­rung von be­stimm­ten Trans­ak­tio­nen ent­hal­ten. Wer­den diese Vor­ga­ben von den Mit­glied­staa­ten frei­wil­lig be­ach­tet, geht die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on davon aus, dass keine an­mel­dungs­pflich­ti­ge EU-​Beihilfe vor­liegt.

3. Aus­nah­me­be­stim­mun­gen des AEUV

Aus­nah­me­be­stim­mun­gen kön­nen sich un­mit­tel­bar aus dem AEUV er­ge­ben, so zum Bei­spiel Art. 107 Abs. 2 AEUV oder Art. 93 AEUV.
 

Er­füllt eine be­stimm­te Maß­nah­me den Tat­be­stand der Bei­hil­fe und ist diese Bei­hil­fe nicht nach Maß­ga­be einer der vor­ge­nann­ten Le­ga­l­aus­nah­men von der No­ti­fi­zie­rungs­pflicht frei­ge­stellt, so ist sie vor ihrer Durch­füh­rung bei der Kom­mis­si­on zur Prü­fung und Ge­neh­mi­gung an­zu­mel­den.

All­ge­mei­ne Grup­pen­frei­stel­lungs­ver­ord­nung (AGVO)

Ver­ord­nung - 2023/1315 - EN - EUR-​Lex (eu­ro­pa.eu)

Die AGVO er­klärt unter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen ab­schlie­ßend auf­ge­führ­te Fall­grup­pen von Bei­hil­fen für mit dem Bin­nen­markt ver­ein­bar, ohne dass es der Durch­füh­rung eines No­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­rens be­darf (sog. Frei­stel­lung von der No­ti­fi­zie­rungs­pflicht). Maß­nah­men, für die fest­ge­stellt wor­den ist, dass sie tat­be­stand­lich eine Bei­hil­fe dar­stel­len, und die von der AGVO er­fasst wer­den, sind also von der No­ti­fi­zie­rungs­pflicht frei­ge­stellt. Für sol­che Maß­nah­men wird die Ver­ein­bar­keits­prü­fung der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on an­ti­zi­piert. Sie sind somit ohne No­ti­fi­zie­rung als mit dem Bin­nen­markt ver­ein­bar an­zu­se­hen.

In die­sen Fäl­len ist die Maß­nah­me (eine Ad-​hoc-Beihilfe, also eine Ein­zel­bei­hil­fe, die nicht auf der Grund­la­ge einer Bei­hil­ferege­lung ge­währt wird oder Bei­hil­ferege­lung) bei der Kom­mis­si­on an­zu­zei­gen. Dabei wird der Kom­mis­si­on über das elek­tro­ni­sche An­mel­de­sys­tem (SANI2) neben ver­schie­de­nen In­di­ka­to­ren auch der Wort­laut der Maß­nah­me über­mit­telt. Diese sog. „Blitz­mel­dung“ muss spä­tes­tens 20 Ar­beits­ta­ge nach Ge­wäh­rung der Bei­hil­fe bzw. nach In­kraft­tre­ten der Bei­hil­ferege­lung er­folgt sein.

Im „Hand­buch über staat­li­che Bei­hil­fen“ des BMWi gibt es hier­zu ab S. 100 ff. an­schau­li­che tech­ni­sche und in­halt­li­che Hin­wei­se zum Aus­fül­len eines AGVO-​Anzeigeformulars in SANI2.

Für alle im Rah­men der AGVO ge­währ­ten Bei­hil­fen gel­ten „all­ge­mei­ne Be­din­gun­gen“ (Ka­pi­tel 1, 2 und 4 der Ver­ord­nung) sowie wei­te­re be­son­de­re An­for­de­run­gen für ein­zel­ne Bei­hil­fe­ka­te­go­rien (Ka­pi­tel 3 der Ver­ord­nung).

Zu den we­sent­li­chen Be­stim­mun­gen der AGVO ge­hö­ren:

a) „Deggendorf-​Klausel“ (Art. 1 Abs. 4 lit. a AGVO)

In der Bei­hil­ferege­lung muss aus­drück­lich fest­ge­legt sein, dass einem Un­ter­neh­men, das einer Rück­for­de­rungs­an­ord­nung auf­grund eines frü­he­ren Be­schlus­ses der Kom­mis­si­on zur Fest­stel­lung der Un­zu­läs­sig­keit einer Bei­hil­fe und ihrer Un­ver­ein­bar­keit mit dem Bin­nen­markt nicht nach­ge­kom­men ist, keine Ein­zel­bei­hil­fe ge­währt wer­den darf. Art. 1 Abs. 4 lit. a AGVO ist kon­sti­tu­tiv for­mu­liert und muss im Ein­zel­fall ge­prüft wer­den.

b) Un­ter­neh­men in Schwie­rig­kei­ten (Art. 1 Abs. 4 lit. c AGVO)

Un­ter­neh­men in Schwie­rig­kei­ten dür­fen (vgl. Art. 2 Z 18 AGVO) keine Bei­hil­fen ge­währt wer­den. Dies muss in der Bei­hil­ferege­lung aus­drück­lich fest­ge­legt und im Ein­zel­fall ge­prüft wer­den.

c) Trans­pa­ren­te Bei­hil­fe­for­men (Art. 5 AGVO)

Damit die Bei­hil­fe als trans­pa­rent gilt, muss das Brut­to­sub­ven­ti­ons­äqui­va­lent (Art. 2 Nr. 22 AGVO) genau be­stimm­bar sein. Vor­aus­set­zun­gen, unter denen be­stimm­te spe­zi­fi­sche Bei­hil­fe­in­stru­men­te wie Kre­di­te, Ga­ran­tien, steu­er­li­che Maß­nah­men, Ri­si­ko­fi­nan­zie­rungs­maß­nah­men und ins­be­son­de­re rück­zahl­ba­re Vor­schüs­se als trans­pa­rent an­ge­se­hen wer­den kön­nen, sind in der AGVO fest­ge­legt.

d) An­reiz­ef­fekt (Art. 6 AGVO)

Ein An­reiz­ef­fekt ist not­wen­dig, damit reine Mit­nah­me­ef­fek­te aus­ge­schlos­sen wer­den kön­nen. So­fern der Bei­hil­fe­emp­fän­ger vor Be­ginn der Ar­bei­ten für das Vor­ha­ben oder die Tä­tig­keit einen schrift­li­chen Bei­hil­fe­an­trag ge­stellt hat, ist von einer Bei­hil­fe mit An­reiz­ef­fekt aus­zu­ge­hen.

e) An­mel­de­schwel­len (Art. 4 AGVO) und Bei­hil­fe­höchst­in­ten­si­tä­ten (ein­zel­ne Ar­ti­kel in Ka­pi­tel 3)

zu An­mel­de­schwel­len: Die An­mel­de­schwel­le ist der für die je­wei­li­ge Fall­grup­pe ohne An­mel­dung zu­läs­si­ge ab­so­lu­te Höchst­be­trag an Bei­hil­fen. Für jede Bei­hil­fe­maß­nah­me sind ein­zel­ne An­mel­de­schwel­len fest­ge­legt. So­fern diese über­schrit­ten wer­den, ist die AGVO nicht an­wend­bar.

zu Bei­hil­fe­höchst­in­ten­si­tä­ten: Hier­bei han­delt es sich um den Bei­hil­fe­be­trag, der im Ver­hält­nis zu den för­der­fä­hi­gen Kos­ten ma­xi­mal ge­währt wer­den kann. So­fern die Bei­hil­fe­höchst­in­ten­si­tät über­schrit­ten wird, ist die Bei­hil­fe nicht im Rah­men der AGVO frei­ge­stellt.

f) Ku­mu­lie­rung (Art. 8 AGVO)

Die Ku­mu­lie­rung von Bei­hil­fen im Rah­men der AGVO mit an­de­ren staat­li­chen Bei­hil­fen für die­sel­ben beil­hil­fe­fä­hi­gen Kos­ten ist ak­zep­ta­bel, wenn durch diese Ku­mu­lie­rung die höchs­te nach der AGVO für diese Bei­hil­fen gel­ten­de Bei­hil­fe­in­ten­si­tät (Art. 2 Nr. 26 AGVO) bzw. der höchs­te nach die­ser Ver­ord­nung für diese Bei­hil­fen gel­ten­de Bei­hil­fe­be­trag nicht über­schrit­ten wird.

g) Ver­öf­fent­li­chungs­pflich­ten (Art. 9 AGVO)

Ver­öf­fent­li­chungs­pflich­ten gel­ten für Ein­zel­bei­hil­fen ab 500.000 Euro. Für Ein­zel­bei­hil­fen ab 500.000 Euro müs­sen die In­for­ma­tio­nen gemäß An­hang III der AGVO bin­nen sechs Mo­na­te ab Ge­wäh­rung der Bei­hil­fe auf der TAM-​Webseite (Bei­hil­fe­trans­pa­renz­mo­dul „Trans­pa­ren­cy Award Mo­du­le“). ver­öf­fent­licht wer­den. Nach Ab­lauf der sechs­mo­na­ti­gen Ver­öf­fent­li­chungs­frist heilt ein nach­träg­li­cher TAM-​Eintrag die Frist­ver­säum­nis nicht.

h) Aus­nah­men

Mit ei­ni­gen Aus­nah­men (s. Art. 1 Abs. 2 bis 6 AGVO) gilt die AGVO für bei­na­he alle Sek­to­ren der Wirt­schaft.

i) An­for­de­run­gen an In­for­ma­ti­on und Be­richt­erstat­tung

Bei­hil­fe­ge­wäh­ren­de Stel­len müs­sen der EU-​Kommission in­ner­halb von 20 Ar­beits­ta­gen nach dem In­kraft­tre­ten der Maß­nah­me eine Kurz­be­schrei­bung über die Bei­hil­fe­maß­nah­me über SANI2 sen­den. Die be­nö­tig­ten In­for­ma­tio­nen sind in An­hang II der AGVO fest­ge­legt.

Be­son­ders wich­tig ist es, dass die Informations-​ und Be­richt­erstat­tungs­an­for­de­run­gen der AGVO in­halt­lich, förm­lich und zeit­lich strikt ein­ge­hal­ten wer­den. Von der bei­hil­fe­ge­wäh­ren­den Stel­le wird er­war­tet, Nach­wei­se, aus denen her­vor­geht, dass die Re­ge­lun­gen gemäß den Be­din­gun­gen für staat­li­che Bei­hil­fen durch­ge­führt wer­den, in­ner­halb kur­zer Fris­ten vor­zu­le­gen. Um eine pro­blem­lo­se jähr­li­che Be­richt­erstat­tung zu er­mög­li­chen und auf An­fra­gen der EU-​Kommission in­ner­halb von 20 Ar­beits­ta­gen ant­wor­ten zu kön­nen, wird emp­foh­len, ent­spre­chen­de Auf­zeich­nun­gen sehr gründ­lich zu füh­ren. Die Auf­be­wah­rung die­ser Auf­zeich­nun­gen hat für zehn Jahre ab dem Datum, an dem die Bei­hil­fe ge­währt wurde, zu er­fol­gen. Bei­hil­fe­ge­wäh­ren­de Stel­len müs­sen in SANI2 auch einen Link zur Web­sei­te der Bei­hil­ferege­lung an­ge­ben. Diese soll­te die voll­stän­di­gen In­for­ma­tio­nen zur Bei­hil­fe­maß­nah­me ent­hal­ten, ein­schließ­lich aller Kri­te­ri­en für die Bei­hil­fe­fä­hig­keit, för­der­fä­hi­ge Kos­ten, Gel­tungs­be­reich usw.

j) Be­griffs­de­fi­ni­tio­nen und Er­wä­gungs­grün­de als Aus­le­gungs­hil­fen

Um Be­griff­lich­kei­ten zu klä­ren bzw. die Re­ge­lungs­mo­ti­va­ti­on der EU-​Kommission bes­ser ver­ste­hen zu kön­nen, ist es emp­feh­lens­wert, Ar­ti­kel 2 und die 77 am An­fang ste­hen­den Er­wä­gungs­grün­de der AGVO zu nut­zen.           

Wäh­rend der ge­sam­ten Lauf­zeit einer Bei­hil­fe ist die Kon­for­mi­tät si­cher­zu­stel­len. Hier­bei gilt es zu be­ach­ten, dass auch klei­ne Än­de­run­gen einer Maß­nah­me oder des Um­fan­ges einen gro­ßen Un­ter­schied hin­sicht­lich der Ein­hal­tung aller AGVO-​Anforderungen aus­ma­chen kön­nen und dass alle Än­de­run­gen oder Kon­for­mi­täts­the­men bei künf­ti­gen Prü­fun­gen auf­ge­grif­fen wer­den kön­nen. Auch die Re­ge­lun­gen für staat­li­che Bei­hil­fen kön­nen sich än­dern, z. B bei einer er­neu­ten Über­ar­bei­tung der AGVO. Es sind daher Ver­fah­ren ein­zu­rich­ten, die in einem sol­chen Fall si­cher­stel­len, dass die Maß­nah­me über­prüft, ggf. an­ge­passt und neu an­ge­zeigt wird.

De-​minimis-Verordnung all­ge­mein (De-​minimis-VO)

Ver­ord­nung - EU - 2023/2831 - DE - EUR-​Lex (eu­ro­pa.eu)

Bei­hil­fe­maß­nah­men, die die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Ver­ord­nung er­fül­len, wer­den als Maß­nah­men an­ge­se­hen, die nicht alle Tat­be­stands­merk­ma­le des Art. 107 Abs. 1 AEUV er­fül­len, und daher nicht dem An­mel­de­ver­fah­ren un­ter­lie­gen.

Eine vor­he­ri­ge No­ti­fi­zie­rung bzw. An­zei­ge und Ge­neh­mi­gung ist somit nicht not­wen­dig. Die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on geht davon aus, dass eine öf­fent­li­che För­de­rung, wel­che die De-​minimis-VO er­füllt, eine ver­nach­läs­sig­ba­re Aus­wir­kung auf Han­del und Wett­be­werb hat und daher schon tat­be­stand­lich keine Bei­hil­fe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV ist.

Der Ge­samt­be­trag der einem ein­zi­gen Un­ter­neh­men von einem Mit­glied­staat ge­währ­ten De-​minimis-Beihilfen darf 300.000 EUR nicht über­stei­gen.

Zu­grun­de zu legen ist dabei ein „rol­lie­ren­der Zeit­raum“ von drei Jah­ren. Bei der Ge­wäh­rung einer De-​minimis-Beihilfe kommt es daher auf den Drei­jah­res­zeit­raum ab kon­kre­ter Ge­wäh­rung an und nicht auf das Steu­er­jahr.

Die De-​minimis-VO gilt aus­drück­lich nur für Bei­hil­fen, deren Wert (also das Brut­to­sub­ven­ti­ons­äqui­va­lent) im Vor­aus genau be­rech­net wer­den kann, ohne dass eine Ri­si­ko­be­wer­tung er­for­der­lich ist („trans­pa­ren­te Bei­hil­fen“, Art. 4 Abs. 1 De-​minimis-VO).

Für die Über­wa­chung der Bei­hil­fe­ge­wäh­rung und um zu ge­währ­leis­ten, dass der Höchst­be­trag nicht über­schrit­ten wird und die Ku­mu­lie­rungs­re­geln ein­ge­hal­ten wer­den, be­steht ab dem 1. Ja­nu­ar 2026 die Ver­pflich­tung, alle ein­schlä­gi­gen An­ga­ben zu ge­währ­ten De-​minimis-Beihilfen in einem zen­tra­len Re­gis­ter zu er­fas­sen. Die Kom­mis­si­on wird hier­für ein Zen­tral­re­gis­ter auf Uni­ons­ebe­ne ein­rich­ten. Die erste Da­ten­über­mitt­lung er­folgt für zwi­schen dem 1. Ja­nu­ar und dem 31. De­zem­ber 2026 ge­währ­te De-​minimis-Beihilfen. Die Er­fas­sung hat in­ner­halb von 20 Ar­beits­ta­gen nach Ge­wäh­rung der Bei­hil­fe zu er­fol­gen.

So­bald das Re­gis­ter Daten für einen Zeit­raum von drei Jah­ren ent­hält, wird sich der Ver­wal­tungs­auf­wand für die Un­ter­neh­men ver­rin­gern, da sie von bis­he­ri­gen Mel­de­pflich­ten ent­las­tet wer­den.

Für den Über­gangs­zeit­raum teilt die Be­wil­li­gungs­stel­le dem An­trag­stel­ler die Höhe der De-​minimis-Beihilfe in einer Be­schei­ni­gung mit (Art. 7 Abs. 4 S.1 De-​minimis-VO). Die Bei­hil­fe wird nach Art. 7 Abs. 4 De-​minimis-VO erst ge­währt, nach­dem das Un­ter­neh­men alle vor­lie­gen­den De-​minimis-Bescheinigungen für den Zeit­raum von drei Jah­ren vor­ge­legt hat.

Zudem sind ins­be­son­de­re die Über­gangs­be­stim­mun­gen des Art. 7 Abs. 2 und 3 De-​minimis-VO zu be­ach­ten.

De-​minimis-Verordnung zu Dienst­leis­tun­gen von all­ge­mei­nem wirt­schaft­li­chem In­ter­es­se (DAWI-​De-minimis-VO)

Ver­ord­nung - EU - 2023/2832 - DE - EUR-​Lex (eu­ro­pa.eu)

Die Ver­ord­nung gilt grund­sätz­lich nur für Bei­hil­fen an Un­ter­neh­men, die mit der Er­brin­gung von DAWI be­traut sind.

„De-​minimis“ be­deu­tet, dass bei Vor­lie­gen der Vor­aus­set­zun­gen oben ge­nann­ter Ver­ord­nung die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on auf­grund der Ge­ring­fü­gig­keit der je­wei­li­gen Bei­hil­fe davon aus­geht, dass keine Be­ein­träch­ti­gung des Han­dels zwi­schen den Mit­glied­staa­ten vor­liegt und somit der Bei­hilfe­tat­be­stand im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht er­füllt ist.

Unter der Vor­aus­set­zung, dass die Art der Bei­hil­fe trans­pa­rent ist, gilt diese Ver­ord­nung für Bei­hil­fen, die als Zu­schuss, Dar­le­hen oder Bürg­schaft ge­währt wer­den. Es muss auch eine Art der Be­trau­ung zwi­schen dem Emp­fän­ger und der bei­hil­fe­ge­wäh­ren­den Stel­le geben. Die im Rah­men die­ser Ver­ord­nung ge­währ­te Bei­hil­fe muss nicht an die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on ge­mel­det wer­den. Je­doch muss die bei­hil­fe­ge­wäh­ren­de Stel­le den Emp­fän­ger dar­über in­for­mie­ren, dass die Bei­hil­fe als De-​minimis-Beihilfe ge­währt wird.

Vor der An­wen­dung der DAWI-​De-minimis-VO muss ge­prüft wer­den, ob es sich wirk­lich um eine DAWI han­delt (vgl. Art. 1 Abs. 1). Der Ge­samt­be­trag aller De-​minimis-Beihilfen an ein Un­ter­neh­men, das eine DAWI er­bringt, darf in drei Jah­ren den Ge­samt­be­trag von 750.000 Euro nicht über­stei­gen (Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 2023/2832). Der Be­trag von 750.000 Euro be­zieht sich auf den Fall eines Bar­zu­schus­ses.

Zu­grun­de zu legen ist dabei ein „rol­lie­ren­der Zeit­raum“ von drei Jah­ren. Bei der Ge­wäh­rung einer der­ar­ti­gen Bei­hil­fe kommt es daher auf den Drei­jah­res­zeit­raum ab kon­kre­ter Ge­wäh­rung an und nicht auf das Steu­er­jahr.

Für die Über­wa­chung der Bei­hil­fe­ge­wäh­rung und um zu ge­währ­leis­ten, dass der Höchst­be­trag nicht über­schrit­ten wird und die Ku­mu­lie­rungs­re­geln ein­ge­hal­ten wer­den, be­steht ab dem 1. Ja­nu­ar 2026 die Ver­pflich­tung, alle ein­schlä­gi­gen An­ga­ben zu ge­währ­ten De-​minimis-Beihilfen in einem zen­tra­len Re­gis­ter zu er­fas­sen. Die Kom­mis­si­on wird hier­für ein Zen­tral­re­gis­ter auf Uni­ons­ebe­ne ein­rich­ten. Die erste Da­ten­über­mitt­lung er­folgt für zwi­schen dem 1. Ja­nu­ar und dem 31. De­zem­ber 2026 ge­währ­te De-​minimis-Beihilfen. Die Er­fas­sung hat in­ner­halb von 20 Ar­beits­ta­gen nach Ge­wäh­rung der Bei­hil­fe zu er­fol­gen.

Für den Über­gangs­zeit­raum nach Art. 7 Abs. 4 S. 4 DAWI-​De-minimis-VO for­dert die Be­wil­li­gungs­stel­le beim An­trag­stel­ler vor­lie­gen­de De-​minimis-Bescheinigungen ab (vgl. „De-​minimis-Verordnung all­ge­mein (De-​minimis-VO)“). Die Be­wil­li­gungs­stel­le teilt dem An­trag­stel­ler die Höhe der De-​minimis-Beihilfe in einer Be­schei­ni­gung mit (Art. 7 Abs. 4 S.1 De-​minimis-VO).

Frei­stel­lungs­be­schluss der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on in Bezug auf Dienst­leis­tun­gen von all­ge­mei­nem wirt­schaft­li­chem In­ter­es­se (DAWI-​Freistellungsbeschluss)

Ent­schei­dung - 2012/21 - EN - EUR-​Lex (eu­ro­pa.eu)

Im DAWI-​Freistellungsbeschluss sind die Vor­aus­set­zun­gen fest­ge­legt, unter denen Aus­gleichs­leis­tun­gen für die Er­fül­lung ge­mein­wirt­schaft­li­cher Ver­pflich­tun­gen mit den EU-​Beihilfevorschriften ver­ein­bar sind und nicht vorab bei der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on an­ge­mel­det wer­den müs­sen.

Nach die­sem Frei­stel­lungs­be­schluss kön­nen Un­ter­neh­men, die mit der Er­brin­gung von DAWI be­traut sind, staat­li­che Aus­gleichs­leis­tun­gen von bis zu 15 Mio. Euro pro Jahr ge­währt wer­den (keine Be­gren­zung für so­zia­len Woh­nungs­bau, Kran­ken­häu­ser und eine Reihe von fest­ge­leg­ten So­zi­al­leis­tun­gen).

Auf die Be­rei­che Ver­kehr und Ver­kehrs­in­fra­struk­tur fin­det der DAWI-​Freistellungsbeschluss grund­sätz­lich keine An­wen­dung.

Eine För­de­rung nach die­sem Frei­stel­lungs­be­schluss kommt auch für Un­ter­neh­men in Schwie­rig­kei­ten in Be­tracht, da die­ser keine Be­stim­mun­gen ent­hält, die sei­ner An­wen­dung ent­ge­gen­ste­hen würde.

Es be­darf einer schrift­li­chen Form von Be­trau­ung zwi­schen dem Be­güns­tig­ten und der bei­hil­fe­ge­wäh­ren­den Stel­le. Die Be­trau­ung muss durch eine staat­li­che Stel­le vor­ge­nom­men wer­den. Eine Be­trau­ung durch ein öf­fent­li­ches Un­ter­neh­men ist nicht mög­lich.

Zu den An­for­de­run­gen an den In­halt eines Be­trau­ungs­ak­tes ge­hö­ren (Art. 4 DAWI-​Freistellungsbeschluss):

  • Ge­gen­stand und Dauer der ge­mein­wirt­schaft­li­chen Ver­pflich­tung
  • das Un­ter­neh­men und das be­tref­fen­de Ge­biet
  • Art et­wa­iger dem Un­ter­neh­men durch die Be­wil­li­gungs­be­hör­de ge­währ­ter aus­schließ­li­cher oder be­son­de­rer Rech­te
  • Be­schrei­bung des Aus­gleichs­me­cha­nis­mus und Pa­ra­me­ter für die Be­rech­nung, Über­wa­chung und Än­de­rung der Aus­gleichs­leis­tun­gen
  • Maß­nah­men zur Ver­mei­dung und Rück­for­de­rung von Über­kom­pen­sa­ti­ons­zah­lun­gen.

Da­ne­ben muss für eine Frei­stel­lung be­reits im Be­trau­ungs­akt auf den DAWI-​Freistellungsbeschluss ver­wie­sen wer­den. Eine ver­bind­li­che eu­ro­pa­recht­li­che Form­vor­schrift be­steht für den Be­trau­ungs­akt je­doch nicht. Für eine Frei­stel­lung ist die Dauer der Be­trau­ung auf zehn Jahre zu be­gren­zen (Art. 2 Abs. 2 DAWI-​Freistellungsbeschluss). Eine län­ge­re Be­trau­ung ist nur mög­lich, wenn eine er­heb­li­che In­ves­ti­ti­on sei­tens des Dienst­leis­tungs­er­brin­gers er­for­der­lich ist, die nach all­ge­mein an­er­kann­ten Rech­nungs­le­gungs­grund­sät­zen über einen län­ge­ren Zeit­raum ab­ge­schrie­ben wer­den muss. Nach Ab­lauf des ers­ten Be­trau­ungs­zeit­raums kann das Un­ter­neh­men je­doch er­neut mit der­sel­ben DAWI be­traut wer­den. Dies ist auch der Fall, wenn zuvor eine Ma­xi­maldau­er für die Be­trau­ung fest­ge­legt wurde.

Zwi­schen­zeit­lich sind zahl­rei­che Bei­spie­le für Be­trau­ungs­ak­te im In­ter­net ab­ruf­bar, die zum einen als For­mu­lie­rungs­hil­fe her­an­ge­zo­gen wer­den und zum an­de­ren die Nach­voll­zieh­bar­keit der dar­ge­stell­ten Aus­füh­run­gen über die An­for­de­run­gen an einen Be­trau­ungs­akt er­leich­tern kön­nen.

No­ti­fi­zie­rungs­pflicht und Durch­füh­rungs­ver­bot

Eine No­ti­fi­zie­rungs­pflicht – und damit ein Durch­füh­rungs­ver­bot bis zur ab­schlie­ßen­den Ge­neh­mi­gung – be­steht gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV nur für tat­be­stands­mä­ßi­ge Bei­hil­fen, also für sol­che Maß­nah­men, die den Bei­hilfe­tat­be­stand nach Art. 107 Abs. 1 AEUV voll­stän­dig er­fül­len (vgl. „Wann liegt eine Bei­hil­fe vor?“).

Liegt hin­ge­gen nur ein Tat­be­stands­merk­mal des Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht vor, han­delt es sich tat­be­stand­lich nicht um eine Bei­hil­fe. Sol­che Maß­nah­men müs­sen nicht no­ti­fi­ziert wer­den.

Liegt tat­be­stand­lich eine Bei­hil­fe vor und ste­hen Aus­nah­me­re­ge­lun­gen (vgl. „Was ist zu tun, wenn alle Kri­te­ri­en des Art. 107 Abs. 1 AEUV vor­lie­gen?“) nicht zur Ver­fü­gung, ist grund­sätz­lich eine sog. Ein­zel­no­ti­fi­zie­rung durch die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on er­for­der­lich. Dies er­gibt sich aus Art. 108 Abs. 3 AEUV.

So­lan­ge die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on keine ab­schlie­ßen­de Ent­schei­dung er­las­sen hat, darf die Maß­nah­me nicht durch­ge­führt wer­den. Die­ses Durch­füh­rungs­ver­bot be­sitzt un­mit­tel­ba­re Wir­kung, d. h. es ist von deut­schen Ver­wal­tungs­be­hör­den gemäß Art. 20 Abs. 3 GG wie ein na­tio­na­les Ge­setz zu be­ach­ten.

Wird gegen das Durch­füh­rungs­ver­bot ver­sto­ßen, ist die ge­währ­te Bei­hil­fe be­reits aus die­sem Grund – un­ge­ach­tet einer even­tu­el­len Ver­ein­bar­keit mit dem Bin­nen­markt – for­mell rechts­wid­rig. Nach ge­fes­tig­ter Recht­spre­chung des EuGH sind die der Bei­hil­fen­ge­wäh­rung zu­grun­de lie­gen­den Rechts­ak­te in die­sem Fall un­gül­tig.

Der Bei­hil­fe­ge­ber hat zu ent­schei­den, ob eine be­ab­sich­tig­te Maß­nah­me als Bei­hil­fe ein­zu­stu­fen ist, die der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on ge­mel­det wer­den muss. Die Prü­fung des Bei­hil­fe­ge­bers soll­te stets genau und ge­wis­sen­haft er­fol­gen, denn die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on legt bei einem Ver­fah­ren einen äu­ßerst stren­gen Prü­fungs­maß­stab an.

Die Ein­ho­lung einer ent­spre­chen­den Ge­neh­mi­gung der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on muss zwin­gend vor der Bei­hil­fe­ge­wäh­rung er­fol­gen. Bei einer Standard-​Notifizierung dau­ert es re­gel­mä­ßig 6 – 12 Mo­na­te, bis die Bei­hil­fe ge­neh­migt wird. Bei No­ti­fi­zie­run­gen, die neue, kom­ple­xe Fra­ge­stel­lun­gen auf­wer­fen, um­strit­ten sind oder nicht unter die be­stehen­den Re­ge­lun­gen fal­len, könn­te es noch län­ger dau­ern, ins­be­son­de­re dann, wenn ein förm­li­ches Prüf­ver­fah­ren er­öff­net wird.

Die EU-​Kommission kann nicht no­ti­fi­zier­te Bei­hil­fen bis zu zehn Jahre in die Ver­gan­gen­heit auf­grei­fen und ge­ge­be­nen­falls für (for­mell) rechts­wid­rig er­klä­ren. Diese Ver­jäh­rungs­frist be­ginnt mit dem Zeit­punkt der Ge­wäh­rung der Bei­hil­fen; die­ser wie­der­um ist de­fi­niert als der Zeit­punkt, zu dem der Emp­fän­ger einen bin­den­den An­spruch auf die Bei­hil­fe er­wor­ben hat.

No­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­ren

Im Hin­blick auf die An­wen­dung der Art. 93 und 107 AEUV ist die Kom­mis­si­on nach Art. 108 AEUV ins­be­son­de­re für Be­schlüs­se über die Ver­ein­bar­keit staat­li­cher Bei­hil­fen mit dem Bin­nen­markt zu­stän­dig. Dies gilt für die Über­prü­fung be­stehen­der Bei­hil­ferege­lun­gen, die Ein­füh­rung oder Um­ge­stal­tung von Bei­hil­fen und die Nicht­be­fol­gung ihrer Be­schlüs­se oder der An­mel­dungs­pflicht. Die Kom­mis­si­on ist dar­über so recht­zei­tig zu in­for­mie­ren, dass diese sich dazu äu­ßern kann und somit über­prü­fen kann, ob die Ver­ein­bar­keit der ge­plan­ten För­der­maß­nah­me mit dem Bin­nen­markt ge­ge­ben ist (No­ti­fi­zie­rung).

Bei der Kom­mis­si­on no­ti­fi­zie­rungs­pflich­tig im Sinne von Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV sind grund­sätz­lich nur sol­che Sub­ven­tio­nen und För­der­maß­nah­men, bei denen alle Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen des Art. 107 Abs. 1 AEUV er­füllt sind.

Bei­hil­fen, für die al­lein eine ein­zel­fall­be­zo­ge­ne Ver­ein­bar­keits­prü­fung in Be­tracht kommt, müs­sen vor ihrer Durch­füh­rung bei der Kom­mis­si­on an­ge­mel­det wer­den; bis zur Frei­ga­be durch die Kom­mis­si­on un­ter­lie­gen sie einem Durch­füh­rungs­ver­bot. Das Prüf­ver­fah­ren ist in der Bei­hil­fe­ver­fah­rens­ver­ord­nung 2015/1589 (BVVO) und der Durch­füh­rungs­ver­ord­nung 794/2004 zur BVVO ge­re­gelt.

Das Ver­fah­ren im Fall an­ge­mel­de­ter Bei­hil­fen ist in den Art. 2 bis Art. 11 BVVO nie­der­ge­legt. Die An­mel­dung von Bei­hil­fen er­folgt mit dem An­trag, sie mit dem Bin­nen­markt für ver­ein­bar zu er­klä­ren. Aus Grün­den der Rechts­si­cher­heit kön­nen je­doch auch Maß­nah­men als „Nicht-​Beihilfe“ an­ge­mel­det wer­den (sog. Non-​Aid-Notifizierung). Mit dem An­mel­de­for­mu­lar (Ver­ord­nung (EG) 794/2004 An­hang I Teil I) ist u.a. eine An­mel­dung als „Maß­nah­me, die keine staat­li­che Bei­hil­fe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV dar­stellt, die je­doch aus Grün­den der Rechts­si­cher­heit bei der Kom­mis­si­on an­ge­mel­det wird“ mög­lich. Die No­ti­fi­zie­rung (auf dem Dienst­weg) kann nur durch die Bun­des­re­gie­rung (Bei­hil­fe­re­fe­rat des BMWK) er­fol­gen und nicht durch den Bei­hil­fe­emp­fän­ger, das Land oder die Kom­mu­nen.

Für die Kon­trol­le der Ein­hal­tung der No­ti­fi­zie­rungs­pflicht und die Durch­füh­rung der No­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­ren ist in Sachsen-​Anhalt das für Bei­hil­fen zu­stän­di­ge Re­fe­rat im Mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft, Tou­ris­mus, Land­wirt­schaft und Fors­ten zu­stän­dig; alle No­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­ren lau­fen hier­über. An­schlie­ßend wer­den die No­ti­fi­zie­rungs­un­ter­la­gen über das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz (BMWK) an die Kom­mis­si­on wei­ter­ge­lei­tet.

Eine Aus­ar­bei­tung zum Thema „Das No­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­ren der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on“ fin­den Sie auf der Seite des Deut­schen Bun­des­ta­ges unter dem nach­fol­gend auf­ge­führ­ten Link:

Mi­cro­soft Word - 13-09 Das No­ti­fi­zie­rungs­ver­fah­ren der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on.doc (bun­des­tag.de)

Berichts-​ und Do­ku­men­ta­ti­ons­pflich­ten

Die Do­ku­men­te zur Bei­hil­fe­ge­wäh­rung, aber auch das Er­geb­nis einer in­ter­nen Prü­fung, nach der es sich bei aus öf­fent­li­chen Mit­teln ge­währ­ten fi­nan­zi­el­len Leis­tun­gen an Un­ter­neh­men nicht um eine Bei­hil­fe han­delt, sind min­des­tens zehn Jahre auf­zu­be­wah­ren. Auf Ver­lan­gen sind sie der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on kurz­fris­tig vor­zu­le­gen, d. h. sie müs­sen je­der­zeit in de­tail­lier­ter Form zur Ver­fü­gung ste­hen. Aus die­sen Un­ter­la­gen müs­sen sich nach­voll­zieh­bar (ohne jeg­li­chen Zwei­fel) die kon­kre­ten Um­stän­de er­ge­ben, wes­halb die ge­währ­te Bei­hil­fe von der An­mel­de­pflicht be­freit war.

Die ein­zel­nen An­for­de­run­gen an die Berichts-​ und Do­ku­men­ta­ti­ons­pflicht fin­den sich in der AGVO in den Art. 9, 10, 11 und 12; in der DE-​MINIMIS-VO 2023 in Art. 6; in der DAWI-​DE-MINIMIS-VO 2023 in Art. 6; in der Bürg­schafts­mit­tei­lung unter Punkt 6 und in dem DAWI-​Freistellungsbeschluss in den Art. 8 und 9.

Die Transparenz-​ und Be­richts­pflich­ten sind ein zen­tra­ler Be­stand­teil im bei­hil­fe­recht­li­chen Ver­wal­tungs­pro­zess. Für die Er­fül­lung die­ser Pflich­ten stellt die EU-​Kommission drei elek­tro­ni­sche Sys­te­me be­reit:

  1. State Aid No­ti­fi­ca­ti­on In­ter­ac­ti­ve 2 (SANI2)
  2. State Aid Re­por­ting In­ter­ac­ti­ve (SARI) und
  3. Trans­pa­ren­cy Award Mo­du­le (TAM).

Alle drei Da­ten­ban­ken kom­men zum Bei­spiel bei der Ge­wäh­rung von Bei­hil­fen nach der AGVO zur An­wen­dung.

Bei­hil­fen für DAWI und De-​minimis Bei­hil­fen sind in SANI2, SARI und TAM nicht anzeige-​ oder be­richts­pflich­tig. Für sie gel­ten teil­wei­se an­de­re Be­richts­pflich­ten.

Die Mel­dun­gen für DAWI-​Beihilfen er­fol­gen alle zwei Jahre.

Rechts­fol­gen bei Ver­stoß gegen Bei­hil­fe­vor­schrif­ten

So­fern rechts­wid­rig eine Bei­hil­fe ge­währt wird (for­mel­le und/oder ma­te­ri­el­le Bei­hil­fe­wid­rig­keit), liegt ein Ver­stoß gegen das Ge­mein­schafts­recht vor. Dies hat zur Folge, dass die rechts­wid­ri­ge Bei­hil­fe zu­rück­ge­for­dert wer­den muss und vom Be­güns­tig­ten inkl. Zin­sen seit dem Tag der Aus­zah­lung zu­rück­zu­er­stat­ten ist (vgl. Art. 16 Bei­hil­fe­ver­fah­rens­ver­ord­nung 2015/1589).

So­wohl die Ge­schäfts­füh­rung als auch die Auf­sichts­rä­te tref­fen im Zu­sam­men­hang mit EU-​Beihilfen Pflich­ten, deren Ver­let­zung zu einer per­sön­li­chen Haf­tung der be­trof­fe­nen Lei­tungs­or­ga­ne füh­ren kann.

Die Ge­wäh­rung rechts­wid­ri­ger Bei­hil­fen kann so­wohl für Bei­hil­fe­ge­ber als auch Bei­hil­fe­neh­mer er­heb­li­che ne­ga­ti­ve Kon­se­quen­zen nach sich zie­hen.

  • Ver­trä­ge öf­fent­li­cher Ge­biets­kör­per­schaf­ten und ihrer Un­ter­neh­men über rechts­wid­ri­ge Bei­hil­fen sind nich­tig.
  • An­ord­nung der Rück­for­de­rung durch die Kom­mis­si­on, d. h. die bei­hil­fe­ge­wäh­ren­de Stel­le ist zur Rück­for­de­rung ver­pflich­tet, re­le­vant sind for­mel­le und/oder ma­te­ri­el­le Bei­hil­fe­wid­rig­keit.
  • Bei Ver­stö­ßen gegen das EU-​Beihilferecht kann von Drit­ten vor den na­tio­na­len Ge­rich­ten auf Un­ter­las­sung und/oder Scha­den­er­satz ge­klagt wer­den.
  • Rechts­wid­ri­ge Bei­hil­fen sind vom Bei­hil­fe­emp­fän­ger samt Zin­sen zu­rück­zu­zah­len. Dies kann die wirt­schaft­li­che Exis­tenz des Bei­hil­fe­emp­fän­gers be­dro­hen.
  • Zu­sätz­li­che Fest­set­zung von Buß­gel­dern durch die Kom­mis­si­on.
  • Per­sön­li­che Haf­tung der be­tei­lig­ten Ver­ant­wor­tungs­trä­ger sowie dar­aus ge­ge­be­nen­falls fol­gen­de dienst-​, arbeits-​ und amts­haf­tungs­recht­li­che Re­ak­tio­nen.

Än­de­rung von be­reits ge­neh­mig­ten EU-​Beihilfen

Was vorab für die Ein­füh­rung neuer Bei­hil­fen dar­ge­stellt wurde, gilt auch für die Um­ge­stal­tung und für eine Ver­län­ge­rung einer be­stehen­den Bei­hil­fe. Die ge­plan­te Än­de­rung oder Ver­län­ge­rung einer be­reits ge­neh­mig­ten EU-​Beihilfe muss der Eu­ro­päi­schen Kom­mis­si­on zur Prü­fung vor­ge­legt wer­den, bevor sie durch­ge­führt wer­den darf. Auf be­stimm­te ge­ring­fü­gi­ge Än­de­run­gen be­stehen­der Bei­hil­fen ist zudem ein ver­ein­fach­tes An­mel­dungs­ver­fah­ren an­wend­bar.

Für wei­ter­füh­ren­de In­for­ma­tio­nen wird auf die nach­fol­gen­den Links ver­wie­sen:

Ver­öf­fent­li­chun­gen der EU-​Kommission

Be­kannt­ma­chung der Kom­mis­si­on zum Be­griff der staat­li­chen Bei­hil­fe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 des Ver­trags über die Ar­beits­wei­se der Eu­ro­päi­schen Union

https://eur-​lex.eu­ro­pa.eu/legal-​content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52016XC0719(05)&qid=1677152698996&from=DE

Emp­feh­lung der Kom­mis­si­on vom 6. Mai 2003 be­tref­fend die De­fi­ni­ti­on der Kleinst­un­ter­neh­men sowie der klei­nen und mitt­le­ren Un­ter­neh­men

https://eur-​lex.eu­ro­pa.eu/legal-​content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32003H0361

Ver­ord­nung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über be­son­de­re Vor­schrif­ten für die An­wen­dung von Art. 108 des Ver­trags über die Ar­beits­wei­se der Eu­ro­päi­schen Union

Ver­ord­nung - 2015/1589 - EN - EUR-​Lex (eu­ro­pa.eu)

Ver­ord­nung (EG) Nr. 794/2004 der Kom­mis­si­on vom 21. April 2004 zur Durch­füh­rung der Ver­ord­nung (EU) 2015/1589 des Rates über be­son­de­re Vor­schrif­ten für die An­wen­dung von Art. 108 des Ver­trags über die Ar­beits­wei­se der Eu­ro­päi­schen Union

Ver­ord­nung - 794/2004 - DE - EUR-​Lex (eu­ro­pa.eu)

Ver­öf­fent­li­chun­gen des Bun­des

Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und En­er­gie

„Ist meine ge­plan­te För­der­maß­nah­me eine staat­li­che Bei­hil­fe?“ Eine Grund­la­gen­über­sicht zur ers­ten Ori­en­tie­rung Re­fe­rat EA6, Stand: Au­gust 2015 (bmwk.de)

Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz - Mus­ter­be­trau­ungs­akt

https://www.bmwk.de/Re­dak­ti­on/DE/Down­loads/I/infopaket-​kleine-kommunen-musterbetrauungsakt-fuer-dienstleistungen.pdf?__blob=pu­bli­ca­tion­File&v=6

Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz

Mit­tei­lung der Kom­mis­si­on — Be­kannt­ma­chung der Kom­mis­si­on über die Rück­for­de­rung rechts­wid­ri­ger und mit dem Bin­nen­markt un­ver­ein­ba­rer staat­li­cher Bei­hil­fen (bmwk.de)

Hand­buch über staat­li­che Bei­hil­fen

https://www.bmwk.de/Re­dak­ti­on/DE/Down­loads/B/beihilfenkontrollpolitik-​handbuch-ueber-staatliche-beihilfen.pdf?__blob=pu­bli­ca­tion­File&v=10

„Deut­scher Pu­blic Cor­po­ra­te Governance-​Musterkodex“ (D-​PCGK)

DPCGM_Vierte-​Fassung_final.pdf (pcg-​musterkodex.de)

Ver­öf­fent­li­chun­gen an­de­rer Bun­des­län­der

Hand­buch Eu­ro­päi­sches Bei­hil­fe­recht für Kom­mu­nen und kom­mu­na­le Un­ter­neh­men

Hand­buch Eu­ro­päi­sches Bei­hil­fe­recht für Kom­mu­nen und kom­mu­na­le Un­ter­neh­men (pu­blicgo­ver­nan­ce.de)

Hand­rei­chung zum Eu­ro­päi­schen Bei­hil­fe­recht

Mi­cro­soft Word - SNOT Hand­rei­chung_ Ent­wurf.docx (rlp.de)

Leit­fa­den zum Bei­hil­fe­recht, Band 1 bis 4

EU-​Beihilfenrecht: Mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft, Ar­beit und Tou­ris­mus Baden-​Württemberg (baden-​wuerttemberg.de)

Ver­öf­fent­li­chun­gen Lan­despor­tal

Hand­buch über die wirt­schaft­li­che Be­tä­ti­gung der Ge­mein­den in Sachsen-​Anhalt

https://www2.sachsen-​anhalt.de/fi­le­ad­min/Bi­blio­thek/Po­li­tik_und_Ver­wal­tung/MI/MI/4._Ser­vice/Pu­bli­ka­tio­nen/3._Ab­tei­lung_3/In­ter­net­ver­si­on.pdf