Innenminister stellt Statistik der politisch
motivierten Kriminalität 2008 vor
02.03.2009, Magdeburg – 54
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 054/09
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 054/09
Magdeburg, den 2. März 2009
Innenminister stellt Statistik der politisch
motivierten Kriminalität 2008 vor
Hövelmann:
¿Anhaltend hohe Gefahr vor allem von rechts¿
·
Rechtsextreme Propagandadelikte nehmen weiter deutlich zu
·
Gewalt von rechts und links erreicht wieder das Niveau von
2006
¿Die Zahl politisch motivierter
Straftaten ist 2008 wieder deutlich angestiegen. Fast 80 Prozent aller
kriminellen Handlungen wurden von Rechtsextremisten verübt. Besorgniserregend
ist vor allem die Zunahme der Gewalt, die sich häufig von rechts und links hochschaukelt.¿
Das erklärte Innenminister Holger Hövelmann (SPD) heute in Magdeburg bei der
Vorstellung der Jahresstatistik 2008 der politisch motivierten Kriminalität.
Hövelmann begrüßte, dass auf
Initiative Sachsen-Anhalts mittlerweile bundesweit einheitlich bei der
Zuordnung von Propagandadelikten in die Kategorie ¿Straftaten ohne explizite
politische Motivation¿ vorgegangen wird. Von Unbekannten verübte rechte
Propagandadelikte werden nunmehr überall, wie es vorher bereits regelmäßig in
Sachsen-Anhalt praktiziert wurde, immer in den Phänomenbereich ¿rechts¿
aufgenommen, wenn keine gegenteiligen Tatsachen zur Tätermotivation vorliegen;
nur wenn im Einzelfall das Nichtvorliegen einer politischen Motivation
festgestellt werden kann, erfolgt eine entsprechende Zuordnung. ¿Das bundesweit
einheitliche Vorgehen ist für die Aussagekraft der Statistik von entscheidender
Bedeutung¿, sagte Hövelmann. ¿So hatte der Konflikt um eine vorübergehend
andere Zuordnungsweise durch das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt wenigstens
einen positiven Effekt.¿
Die wichtigsten Fakten der
Statistik für Sachsen-Anhalt 2008:
·
Die Gesamtzahl der politisch motivierten Straftaten
in Sachsen-Anhalt ist im Vergleich zum Jahr 2007 um 34,5 Prozent auf 2.223
Delikte angestiegen (plus 570 Fälle). Sie befindet sich weiterhin auf einem
viel zu hohen Niveau. Der langfristig zu verzeichnende Trend steigender
Fallzahlen setzt sich somit fort.
·
Nach wie vor dominieren die rechts motivierten
Straftaten mit einem Anteil von 79,2 Prozent sehr deutlich. Hier war ein
Anstieg um 30,4 Prozent (+ 411 Fälle) auf 1.761 Delikte zu verzeichnen.
·
Den Schwerpunkt in diesem Phänomenbereich bilden
die schwer aufklärbaren sogenannten Propagandadelikte mit 1.289 Fällen. Hier
war ein erneuter Anstieg um 259 Delikte (plus 25,1 Prozent) zu verzeichnen. Ihr
Anteil an den rechts motivierten Straftaten beträgt 73,2 Prozent.
·
Auch bei den linksmotivierten Straftaten ist ein
deutlicher Anstieg um 121 Fälle auf 332 Straftaten oder um plus 57,3 Prozent zu
verzeichnen. Hier handelt es sich bei über der Hälfte aller Fälle (189 Delikte)
um Sachbeschädigungen, bei denen ein Zuwachs um 87 Delikte (plus 85,3 Prozent)
zu registrieren war. Sie bilden den Schwerpunkt mit einem Anteil von annähernd
57 Prozent (56,9 %) an allen linksmotivierten Straftaten.
·
Negativ in der
Bilanz 2008 ist insbesondere der deutliche Zuwachs bei den politisch
motivierten Gewaltdelikten insgesamt um 72 Fälle auf 203 Gewaltstraftaten (plus
55 Prozent). Der Anstieg von Gewaltdelikten bei den politisch motivierten Straftaten
ist um so negativer, als in der allgemeinen polizeilichen Kriminalstatistik ein
Rückgang der Gewaltstraftaten zu verzeichnen ist. Eine steigende Anzahl von
Gewalttaten ist sowohl bei den rechts motivierten Gewaltdelikten mit 22 Fällen
(plus 22,2 Prozent) auf 121 Fälle als auch bei den links motivierten
Gewaltdelikten mit 43 Fällen (plus 134 Prozent) auf 75 Fälle zu verzeichnen.
¿Wir befinden uns bei den Gewalttaten wieder
annähernd auf dem Niveau des Jahres 2006¿, stellte der Innenminister dazu fest.
In 147 Fällen handelte es sich bei den Gewaltdelikten um Körperverletzungen.
Besonders schwerwiegend waren 2008 ein Tötungsdelikt und zwei Versuche.
Hövelmann erinnerte besonders an den Fall des jungen Mannes in Magdeburg, der
laut Ermittlungsergebnis der Polizei auf dem Heimweg nach einem Discobesuch von
einem Angehörigen der rechten Szene erschlagen und beraubt worden war.
Sowohl im rechten wie im linken Lager sei die
Bereitschaft gewachsen, politische Auseinandersetzungen mit Gewalt zu führen.
Hövelmann: ¿Leider schaukeln sich die Szenen bei Demonstrationen und
Gegendemonstrationen oft gegenseitig hoch, so dass die Lage zum Teil
eskaliert.¿ Zum Ausdruck komme dies in der hohen Anzahl von Straftaten, die im
Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen den Szenen registriert worden
sind (356 Delikte). Hierin enthalten sind insgesamt 99 Gewaltstraftaten, die je
zur Hälfte einer der beiden Szenen zugeordnet werden konnten.
Den hohen Anstieg bei den erfassten Propagandadelikten und
Sachbeschädigungen führte der Minister unter anderem auf eine erhöhte
Aufmerksamkeit bei der Polizei und der Bevölkerung zurück. ¿Offenkundig haben
die umfangreichen themenbezogenen Fortbildungsmaßnahmen in der Landespolizei
zu einer sensibleren Wahrnehmung und einem verstärkten Erkennen und Anzeigen
der politisch motivierten Kriminalität geführt¿, so Hövelmann.
Mit der Polizeistrukturreform
wurde eine flächendeckende Stärkung des polizeilichen Staatsschutzes in den
Polizeirevieren erreicht und damit die fachliche Sachbearbeitung vor Ort
gestärkt, unterstrich der Minister. Die ¿Koordinierungs- und Ermittlungsgruppe
rechts¿ (KEG-rechts) im Landeskriminalamt analysiert und wertet in
Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden die polizeilichen Erkenntnisse
umfassend aus.
Der Innenminister warnte vor
dem Risiko, dass eine weitere Verschärfung der Wirtschaftskrise auch negative
gesellschaftspolitische Entwicklungen auslösen könnte: ¿Wir müssen verhindern,
dass Menschen ihre Hoffnungen auf autoritäre, demokratiefeindliche Scheinlösungen
richten. Gerade jetzt kommt es darauf an, im Streit um die richtigen Lösungen
die Handlungsfähigkeit der Demokratie unter Beweis zu stellen.¿ Die
Zurückdrängung extremistischer Tendenzen bleibe eine gesamtgesellschaftliche
Aufgabe, bei der Polizei und Verfassungsschutz nur Teilaufgaben übernehmen
könnten.
Hövelmann: ¿In Sachsen-Anhalt
ist mit dem Netzwerk für Demokratie und Toleranz und der Kampagne ,Hingucken und Einmischen!` eine Plattform für alle
zivilgesellschaftlichen Kräfte entstanden, um gemeinsam Phänomenen wie
Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt entgegenzutreten. Diese Arbeit
trägt unabhängig von den heute vorliegenden Zahlen Früchte. Besonders positiv
ist die deutlich verstärkte Bereitschaft der jeweiligen örtlichen Bevölkerung
zu werten, an Aktionen in der Öffentlichkeit gegen rechts teilzunehmen. Diese
Entwicklung macht uns Mut. Ich bleibe dabei: Die Qualität der Demokratie in
Sachsen-Anhalt ist nicht an der kriminellen Energie ihrer Feinde zu messen,
sondern an der Bereitschaft der Demokraten, sie zu verteidigen.¿
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