Was geschah im Haus des Innenministeriums?
Auf Anregung der Opferverbände lässt Minister Hövelmann Geschichte des Gebäudes
Halberstädter Straße 2 erforschen
16.06.2008, Magdeburg – 144
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 144/08
Ministerium des Innern -
Pressemitteilung Nr.: 144/08
Magdeburg, den 16. Juni 2008
Was geschah im Haus des Innenministeriums?
Auf Anregung der Opferverbände lässt Minister Hövelmann Geschichte des Gebäudes
Halberstädter Straße 2 erforschen
Wenn
am morgigen 17. Juni in Magdeburg auf dem Platz des 17. Juni vor dem
Innenministerium die gemeinsame Gedenkveranstaltung der Opferverbände, der
Landeshauptstadt Magdeburg und des Ministeriums zur Erinnerung an den
Volksaufstand vor 55 Jahren stattfindet, wird Minister Holger Hövelmann (SPD)
auch den Opferverbänden für eine wichtige Anregung zur Aufarbeitung von
Diktaturgeschichte danken. Hövelmann: ¿Das heutige Dienstgebäude des
Innenministeriums war von seiner Fertigstellung 1913 bis zur Wende 1990 unter
wechselnden Bezeichnungen Sitz eines Polizeipräsidiums. Die Verbände der
SED-Opfer haben zurecht darauf hingewiesen, dass an die am 17. Juni 1953 in
diesem Haus wahrscheinlich inhaftierten Menschen erinnert werden muss. Wir
greifen diesen Gedanken auf und wollen die Geschichte des Gebäudes insgesamt
aufarbeiten.¿ Der Minister beauftragte damit eine Arbeitsgruppe aus
Historikern, Vertretern des Innenministeriums und der Polizeidirektion
Sachsen-Anhalt Nord
Das
Gebäude in der Halberstädter Straße 2 umfasste bei seiner Errichtung neben dem
Sitz des Polizeipräsidenten auch einen Gefängnistrakt. Hier dürften mit hoher
Wahrscheinlichkeit im Gefolge der Novemberrevolution und der Unruhen in den
ersten Jahren der Weimarer Republik festgenommene Menschen eingesessen haben.
Im Gefängnistrakt inhaftierte die Polizei nach der Ernennung Hitlers zum
Reichskanzler politische Gegner, aber auch Menschen, die aus religiösen und rassischen
Gründen aus der nationalsozialistischen ¿Volksgemeinschaft¿ ausgeschlossen
wurden. Unter den hier einsitzenden Opfern dürften auch Juden gewesen sein,
noch zumal die Gestapo über kein eigenes Gefängnis verfügte und den hiesigen
Gefängnistrakt nutzte. Zu den Opfern gehörten mit hoher Wahrscheinlichkeit auch
Sinti und Roma, die nach der Auflösung des Magdeburger ¿Zigeunerlagers¿ am 1.
März 1943 bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz am 2. März 1943 im Zellentrakt
festgehalten wurden.
Mit
hoher Wahrscheinlichkeit nutzte die Polizei den Gebäudekomplex nach Beseitigung
des Naziregimes ab 1946/47 zur Ausschaltung von Gegnern der sich etablierenden
SED-Herrschaft. Nach der Gründung des Bezirks Magdeburg im Sommer 1952
fungierte der Gebäudekomplex als Sitz der ¿Bezirksbehörde der Deutschen
Volkspolizei¿. Der Aufstand am 17. Juni 1953 hatte in Magdeburg hier einen
seiner Kulminationspunkte. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass nach der
Niederschlagung des Aufstandes hier Gegner des SED-Staates inhaftiert wurden.
Inwieweit darüber hinaus Gegner des SED-Staates im Gefängnistrakt einsaßen, ist
bisher unbekannt. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Bediensteten der
Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei die politischen Vorgaben der SED-Führung
bedingungslos umsetzten.
Systematische
Recherchen wurden bis zum heutigen Tage nicht durchgeführt. Demzufolge ist es
zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich, eine auch nur annähernd ausgewogene
Aussage über die an diesem Ort verübten Menschenrechtsverletzungen von 1933
bis 1945 und von 1945 bis 1989 zu treffen.
Hövelmann:
¿Es ist wichtig daran zu erinnern, dass Polizei auch für Verbrechen eingesetzt
werden kann, anstatt sie zu bekämpfen. Nur eine rechtsstaatlich organisierte
Polizei mit demokratischer Führung und Kontrolle kann wirklich dem Schutz der
Bevölkerung dienen.¿
Je
nach Forschungsverlauf sollen die Ergebnisse für Gedenktafeln und eine
Ausstellung im Foyer des Hauses genutzt werden. Geplant ist zudem eine
Publikation zur Geschichte des Magdeburger Polizeipräsidiums.
Impressum:
Verantwortlich: Martin Krems
Pressestelle
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