Politisch motivierte Kriminalität 2015
Deutlicher Anstieg rechtsmotivierter Straftaten
30.03.2016, Magdeburg – 26
- Ministerium für Inneres und Sport
Sachsen-Anhalts Minister für
Inneres und Sport, Holger Stahlknecht, hat heute in Magdeburg die Statistik zur
politisch motivierten Kriminalität vorgestellt.
Mit insgesamt 2.162 erfassten
Delikten ist die Anzahl der politisch motivierten Straftaten um 428 Taten
gegenüber dem Jahr 2014 gestiegen. Während die linksmotivierten Taten von 252
auf 230 Fälle leicht rückläufig sind, kam es im Bereich der rechtsmotivierten Straftaten
zu einem sehr deutlichen Anstieg.
1.749 Delikte, das entspricht
80,9 Prozent am Gesamtaufkommen, wurden
in diesem Phänomenbereich registriert, das sind 488 Taten mehr als im Jahr
2014.
Den größten Teil der
rechtsmotivierten Straftaten machen mit 1.037 erfassten Taten (59,3 Prozent) die
Propagandadelikte aus, wozu unter anderem Schmierereien verfassungsfeindlicher
Symbole, das öffentlichkeitswirksame Skandieren von Parolen wie ?Heil Hitler?
oder das Abspielen von Tonträgern mit rechtsextremistischen Inhalten gehören.
Den zweitgrößten Bereich (603 Taten bzw. 34,5 Prozent) machen Delikte wie
Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und
Volksverhetzungen aus.
Mehr als eine Verdoppelung gab es
bei den rechtsmotivierten Gewalttaten. 109 Fälle wurden im Jahr 2015
registriert, das sind 62 Taten mehr als im Jahr 2014.
Innenminister Holger Stahlknecht:
?Diese Entwicklung ist besorgniserregend und sie ist vor allem nicht hinnehmbar.
Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, um die Täter zu ermitteln und der
Justiz zuzuführen.?
Den Großteil rechtsmotivierter
Gewalt machten im vergangenen Jahr
Körperverletzungsdelikte aus, von denen 93 Taten erfasst worden sind.
Hinzu kommen fünf Brand- bzw. Sprengstoffdelikte, von denen sich drei Taten als
Angriff gegen eine Flüchtlingsunterkunft richteten.
Insgesamt
mussten im vergangenen Jahr 71 Angriffe (2014: 8) auf Flüchtlingsunterkünfte
registriert werden. Hierzu zählt jede Tat, die sich gegen jede Art einer
Unterkunft als direktes Angriffsziel richtete, (z. B. bestehende, im Bau
befindliche sowie geplante Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte und
Wohnungen Asylbegehrender, Asylberechtigter und Personen mit Flüchtlingsschutz)
und auch Angriffe auf die genannten Personen innerhalb der Unterkunft. Bei
diesen Delikten handelte es sich neben
den
drei genannten Brand- bzw. Sprengstoffdelikten
um 21 Sachbeschädigungen, 17
Volksverhetzungen, 15 Propagandadelikte, sechs Körperverletzungen, vier
Beleidigungen und drei Bedrohungen. Bisher
konnten 38 der 71 Delikte geklärt werden.
Stahlknecht: ?Ich finde es
beschämend und widerwärtig, wenn Schutzsuchende in unserem Land Opfer von
Anfeindungen oder gar Gewalt werden. Die Polizei wird diese Taten mit aller
Konsequenz verfolgen. Doch es ist und bleibt vor allem eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, jedweder Form von Fremdenfeindlichkeit keinen
Raum zu lassen.?
Die Anzahl fremdenfeindlicher
Straftaten, also Handlungen, die sich gegen Menschen aufgrund ihrer
Nationalität, Hautfarbe, Herkunft oder Weltanschauung richten, hatten sich von 255 Taten im vergangenen Jahr auf 574
Delikte mehr als verdoppelt und nimmt den mit Abstand höchsten Wert im
Zehnjahresvergleich ein. Fremdenfeindliche Delikte äußerten sich hauptsächlich
als Volksverhetzung und Beleidigungen (329 Straftaten), als
Propagandastraftaten (71 Straftaten), aber auch als Körperverletzungen (64
Straftaten).
Da die statistische Erfassung
trennscharfe Aussagen zu tatsächlich geschädigten Flüchtlingen oder
Asylbegehrenden nicht ermöglicht, wurde stellvertretend nach Tathandlungen
recherchiert, die sich gegen Personen mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit richteten.
Gegenüber den relativ konstanten Fallzahlen in den Vorjahren ist die Anzahl der
Straftaten gegen Nichtdeutsche von 109 Delikten im Jahr 2014 auf 159 im
vergangenen Jahr angestiegen. 60 dieser Delikte waren Gewalttaten, 2014 waren
es 27 Fälle.
Im Bereich der antisemitischen
Straftaten blieb die Anzahl mit 74 Delikten auf dem gleichen Niveau des
Vorjahres.
Eine weitere Zunahme ist auch bei
den Straftaten zu verzeichnen, die sich gegen Staat und Polizei richten. 342 Delikte sind für 2015 erfasst worden,
was zugleich einen Anstieg von 20 Delikten gegenüber dem Jahr 2014 und den
Höchstwert der vergangenen zehn Jahre darstellt. 198 dieser Taten, zu der
Körperverletzungen, Bedrohungen oder Widerstandsdelikte gehören sind aus einer
rechten Tatmotivation heraus begangen wurden, 91 dieser Delikte mit einer
linken Tatmotivation.
Weitere
Daten
Aufklärungsquote
Insgesamt sind im vergangenen
Jahr 1.094 Straftaten aufgeklärt worden, was einer Quote von 50,6 Prozent
entspricht. Gegenüber dem Jahr 2014 konnte die Aufklärungsquote um 0,3
Prozentpunkte gesteigert und damit der höchste Wert nach dem Jahr 2007 erreicht
werden. Im Bereich der rechtsmotivierten Delikte lag die Aufklärungsquote bei
51,5 Prozent (900 aufgeklärte Delikte), im Bereich der linksmotivierten
Straftaten lag dieser Wert bei 43 Prozent (99 aufgeklärte Taten).
Tatverdächtige
Im Jahr 2015 wurden 1.428
Tatverdächtige ermittelt, das sind 403 Tatverdächtige mehr als im Jahr 2014.
Der Anteil jener Täter, die zum Tatzeitpunkt jünger als 21 Jahre war, lag bei
29,3 Prozent. Vor fünf Jahren lag dieser Anteil noch knapp bei der Hälfte aller
Tatverdächtigen (49,6 Prozent).
Kriminalitätsbelastung
Eine Kennziffer bei der Bewertung
der Kriminalitätsbelastung einer Region und deren Bevölkerung ist die
Häufigkeitszahl, also die Anzahl der Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner. In
Sachsen-Anhalt wurden im Jahr 2015 durchschnittlich 78 rechtsmotivierte
Straftaten und rund 10 linksmotivierte Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner
registriert. Dabei ergibt die Auswertung nach Landkreisen und kreisfreien
Städten ein differenziertes Bild.
Mit 122 Taten bezogen auf 100.000
Einwohner ist Halle der höchsten Belastung rechtsmotivierter Kriminalität
ausgesetzt. An zweiter Stelle liegt der Burgenlandkreis mit 95 Taten.
Im Bereich der linksmotivierten
Kriminalität nimmt die Stadt Magdeburg mit 31 Delikten je 100.000 Einwohner den
Spitzenwert ein, die Stadt Halle weist mit 15 Straftaten den zweithöchsten Wert
in diesem Bereich aus.
Staatsschutzkriminalität ohne explizite politische Motivation
Im Bereich der
Staatsschutzkriminalität ohne explizite politische Motivation (STOEPM) ist die
Anzahl der Fälle im Jahr 2015 mit 44 erfassten Delikten (2014: 43 Delikte) nahezu
gleich geblieben. Damit werden lediglich rund 2 Prozent aller politisch
motivierten Straftaten diesem Bereich zugerechnet.
Politisch motivierte Ausländerkriminalität
Politisch motivierte
Ausländerkriminalität beschreibt nicht die Gesamtheit der Straftaten, die durch
nichtdeutsche Tatverdächtige begangen werden. Vielmehr muss die durch die
nichtdeutsche Herkunft geprägte politisch motivierte Einstellung des Täters
entscheidend für die Tatbegehung sein. Beispiele dafür sind Straftaten mit
religiösem Hintergrund oder die Unterstützung von verbotenen ausländischen
Organisationen. Mit insgesamt 15 Delikten (2014: 9) spielt die Zahl der
politisch motivierten Ausländerkriminalität mit 0,7 Prozent am Gesamtaufkommen
erneut eine nur untergeordnete Rolle.
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