Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky
zur Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS (LT-Drs.
4/2579) ?Besorgniserregende Situation in der Polizei von Sachsen-Anhalt?
20.01.2006, Magdeburg – 17
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 017/06
Ministerium des Innern -
Pressemitteilung Nr.: 017/06
Magdeburg, den 20. Januar 2006
Redebeitrag von Innenminister Klaus Jeziorsky
zur Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS (LT-Drs.
4/2579) ¿Besorgniserregende Situation in der Polizei von Sachsen-Anhalt¿
TOP 2 b der 71.
Landtagssitzung am 19./20.01.2006
Anrede,
die
Polizei unseres Landes kann eine hervorragende Leistungsbilanz vorweisen, sie
hat in den vergangenen Jahren ihren Beitrag zur inneren Sicherheit weiter
gesteigert und liegt in ihren Leistungen in der Rangliste aller Bundesländer
auf einem Platz im oberen Drittel. Diese positive Entwicklung (z. B. Steigerung
der Aufklärungsquote und Rückgang der Kriminalitätsrate) verdanken wir zunächst
unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die mit hoher Motivation für die
Menschen unseres Landes ihren Dienst verrichten.
Unstreitig
wird auch die Leistungsbereitschaft unserer Polizei deutlich bestimmt durch die
zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumentarien, die Arbeits- oder
Einsatzmittel, das dienstliche Umfeld, die Arbeitszeit, das Verhältnis zu den
Vorgesetzten usw. All diese Faktoren haben Einfluss auf die Motivation, aber
auch auf die Gesundheit der Bediensteten, die zu fördern im Interesse des
Dienstherrn liegen muss.
Seit
Beginn meiner Amtszeit ist daher nicht nur eine Strukturreform durchgeführt,
ein Personalkonzept entwickelt und umgesetzt und die Ausstattung mit Führungs-
und Einsatzmitteln verbessert worden. Wir haben auch ein professionelles
Gesundheitsmanagement der Polizei initiiert und unterstützt, dass eine große
Anzahl von Mitarbeitern direkt beteiligt und für alle Beteiligten langfristig
von Vorteil sein soll.
Anrede,
Gegenstand
der im Rahmen dieses Managements durchgeführten Arbeitssituationsanalysen
waren auch die Maßnahmen zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes im
Wechselschichtdienst ¿ kurz bedarfsorientiertes Schichtdienstmanagement ¿ BSM.
Dieses
Management betrifft fast ein Drittel der etwa 7 900 Polizeivollzugsbediensteten.
In diesen Arbeitssituationsanalysen sind neben einer Reihe von Kritikpunkten
(z.B. zur Ausrüstung, Computer- und Funktechnik, Bezahlung, zu Beförderungen,
Berichtspflichten) auch Mängel an der praktischen Umsetzung des BSM
dargestellt.
Bevor
ich darauf näher eingehe, gestatten Sie mir bitte noch einige Hinweise zum
Gesundheitsmanagement, mit dem zu Beginn meiner Amtszeit begonnen wurde,
nachdem ich über den relativ hohen Krankheitsstand in der Polizei informiert
worden war.
Im
Jahr 2003 haben Vertreter des Polizeiärztlichen Dienstes einen umfassenden Gesundheitsbericht
für die Landespolizei erarbeitet und das Projekt ¿Gesundheitsmanagement¿
entwickelt. Dabei wurden externe Kooperationspartner zur Mitarbeit gewonnen:
AOK und Unfallkasse Sachsen-Anhalt, Hochschule Magdeburg/Stendal, Landesvereinigung
für Gesundheit, Otto-von-Guericke-Universität ,Martin-Luther-Universität
Halle.
Gleichzeitig
wurde ein Beratungsteam gebildet, das sich aus Vertretern aller Behörden und
Einrichtungen der Polizei - insbesondere erfahrenen Praktikern - zusammensetzt.
Im November 2004 habe ich mit diesem Beratungsteam eine Zielvereinbarung
abgeschlossen, die durch Vorschlag und Durchführung geeigneter gesundheitsfördernder
Maßnahmen eine Senkung des Krankenstandes bis Ende 2007 um 1,2 % vorsieht.
Im Februar
2005 wurde mir ein erster Maßnahmenkatalog vorgelegt, der neben einer Reihe
anderer Maßnahmen die Durchführung von Arbeitssituationsanalysen in zunächst
ausgewählten Bereichen empfiehlt.
Dieses
Instrument der Arbeitssituationsanalyse ist an der Universität der Bundeswehr
entwickelt und bereits seit etwa 10 Jahren in der Praxis in verschiedenen Bereichen
außerhalb der Polizei erprobt worden. Herr Prof. Nieder erhielt den Auftrag, in
Bereichen der Polizeidirektionen Magdeburg, Stendal und Halberstadt eine solche
Analyse durchzuführen.
Die
Finanzierung erfolgte aus projektbezogenen Geldern der Unfallkasse
Sachsen-Anhalt; für die Analysen wurden dabei rd. 9 800 Euro veranschlagt.
Die
Untersuchungen erfolgten in der Zeit von Mai bis Ende Juli 2005 in Magdeburg,
Schönebeck, Stendal, Burg, Halberstadt und Aschersleben unter Beteiligung von
insgesamt 462 Bediensteten.
Untersuchungsgegenstand
waren dabei z.B. BSM, Umgebung des Arbeitsplatzes, Tätigkeiten, Organisation,
Ausstattung, Räumlichkeiten, Vorgesetztenverhalten, Gruppenklima,
gesundheitliche Gefährdungen, Wünsche zur Veränderung der Arbeitssituation,
Entlohnung.
Nachdem
Ende 2005 die ersten Untersuchungsergebnisse vorlagen, wurde ein Maßnahmenkatalog erarbeitet.
Zur
Umsetzung der Maßnahmen ist beispielhaft das Vorgehen der Polizeidirektion
Halberstadt zu nennen, die im Sinne von Beteiligung und Transparenz die Beratungsergebnisse
den Bediensteten vorstellte und mit ihnen erörterte. Eine Reihe von Problemen
konnte sofort geklärt werden, da sie z.B. auf Informationsdefiziten beruhten
oder durch einfache organisatorische Maßnahmen zu beheben waren.
Für
andere Probleme hat die Behördenleitung kurzfristige Lösungsmöglichkeiten
vorgeschlagen. Eine wichtige Erfahrung, die die Bediensteten ¿ bei allen noch
vorhandenen Problemen - aus diesen Veranstaltungen gewinnen können, ist
jedoch, dass dem Dienstherrn die Motivation und die Arbeitsbedingungen seiner
Bediensteten nicht egal sind, sondern dass er sich für ihre Probleme
interessiert und sich um Lösungsmöglichkeiten bemüht. Die Befragungen stellen
einen ehrlichen und vertrauensvollen Austausch zwischen Dienstherrn und
Bediensteten dar.
Anrede,
um
die hervorragende Arbeit unserer Polizei auch zukünftig zu gewährleisten, ist
der Personaleinsatz möglichst bedarfsorientiert zu planen. Darüber sind sich
alle Experten einig. Die Polizeibehörden sind daher mit Erlass vom 16.
Dezember 2003 angewiesen worden, ein bedarfsorientiertes
Schichtdienstmanagement ¿ BSM ¿ einzuführen, um konsequent zu einem
bedarfsgerechten und jederzeit an der polizeilichen Lage orientierten
Kräfteeinsatz zu gelangen.
Als
wesentliche Basis dafür enthält der sehr umfangreiche Erlass u.a. folgende Vorgaben:
sorgfältige und abgewogene Beurteilung der polizeilichen Lage für den monatlichen
Planungszeitraum. Bei den einzelnen Planungsschritten sind neben den
dienstlichen Notwendigkeiten auch die Wahlfreiheit und die persönlichen
Interessen der Beamtinnen und Beamten zu beachten. In jeder Dienststelle sowie
betroffenen Organisationseinheit ist ein Koordinator einzusetzen.
Die
Vorbereitungen zu dem von mir genannten Erlass und die Einführung des BSM in
der polizeilichen Praxis erfolgten in Abstimmung mit den Gewerkschaften und der
Personalvertretung.
Im
Übrigen ist das Projekt BSM bisher vom Innenministerium in enger Abstimmung mit
den Polizeibehörden kontinuierlich begleitet worden.
Anrede,
bisher
ist das BSM - trotz der Auflösung starrer Dienstpläne, der erhöhten organisatorischen
Anforderungen, der zwangsläufig zu bewältigenden Umstellungsprobleme, der
Beeinträchtigungen durch Sondereinsätze, Krankheitsfälle usw. - in der
polizeilichen Praxis insgesamt gesehen durchaus erfolgreich umgesetzt.
Die
verschiedenen Probleme haben sich seit der Einführung des BSM in den einzelnen
Dienststellen zum Teil unterschiedlich entwickelt. All dies darf jedoch nicht
zum Anlass genommen werden, den eingeschlagenen Weg aufzugeben.
Behauptungen,
das BSM führe zu einem erhöhten Krankenstand, sind in keiner Weise belegt. Aber
die von unseren Polizeibeamten bei den Arbeitssituationsanalysen dargestellten
Probleme werden uns helfen, die praktische Umsetzung des BSM weiter zu
optimieren.
Berücksichtigen
werden wir auch Erfahrungen aus anderen Bundesländern, in denen ebenfalls dem
BSM entsprechende Modelle praktiziert bzw. erprobt werden. An der
Fortentwicklung des bedarfsorientierten Personaleinsatzes in Sachsen-Anhalt werden
selbstverständlich auch die Gewerkschaften und Personalvertretungen beteiligt.
Unabhängig
davon wird die Fachhochschule der Polizei in Kooperation mit dem Beratungsteam
¿Gesundheitsmanagement¿ eine Untersuchung mit dem Ziel durchführen, hemmende
Faktoren zu identifizieren und gute Erfahrungen zu verallgemeinern, um das BSM
sozial verträglich und für die Beteiligten akzeptabel zu gestalten. Diese
Untersuchung wird auch von der Gewerkschaften der Polizei unterstützt.
Anrede,
hinsichtlich
der Kritikpunkte zur Ausstattung der Polizei, zu den Beförderungen usw.
erlauben Sie mir bitte folgende Hinweise:
In
meiner Amtszeit sind bei der Polizei bisher ca. 1440 Höhergruppierungen bzw.
Beförderungen erfolgt und ich gehe davon aus, dass sich diese Zahl in den
nächsten Monaten um mindestens 280 erhöht.
Seit
2002 sind insgesamt 376 junge Polizistinnen und Polizisten eingestellt worden.
Allein
in den Jahren 2004 und 2005 sind insgesamt 3 650 neue Arbeitsplatz-PC¿s für die
Landespolizei beschafft worden. Aus den 1 950 Kraftfahrzeugen der Polizei
ergibt sich, dass durchschnittlich für 4 Polizeivollzugsbeamtinnen/-beamte ein
Polizeidienstfahrzeug zur Verfügung steht.
Für
Bau- und Sanierungsmaßnahmen in Polizeiliegenschaften sind in den letzten
3 Jahren ca. 25,8 Mio. Euro (z.B. Neubau PD Halle und PD Stendal)
aufgebracht worden. Darüber hinaus werden jährlich ca. 2,5 Mio Euro für kleinere
objektbezogene Baumaßnahmen aufgewendet.
Mit
der Beschaffung von Wetterschutzausstattung, Oberkörperschlag- und Stichschutzausrüstung
bis Ende 2005 und der kürzlich vorgenommenen Einführung des neuen
Equipmentsystems hat sich die persönliche Ausstattung der Einsatzbeamten
erheblich verbessert.
Ein
wesentlicher Schwerpunkt im IT-Basisbereich wird die Konsolidierung der bisherigen,
stark dezentralisierten IT-Infrastruktur sein. Zielsetzung sind die Senkung der
Kosten und des Administrationsaufwandes, die Reduzierung der Komplexität und
die Sicherstellung der Beherrschbarkeit. Dies wird auch einen nicht
unmaßgeblichen Beitrag zur Optimierung der IT der Landespolizei und damit auch
der Landesverwaltung darstellen.
Sofern
weitergehender Informationsbedarf zum Gesundheitsmanagement, zu Bau- oder
Beschaffungsmaßnahmen, zu Beförderungen usw. besteht, bin ich gern bereit, bei
entsprechender Gelegenheit ¿ z. B. im Innenausschuss ¿ eine umfassende Darstellung
zu liefern.
Anrede,
wenn
Sie sich sorgfältig die Ergebnisse der Arbeitssituationsanalyse anschauen; von
einer besorgniserregenden Situation zu sprechen, ist falsch. Wir haben eine
Polizei, die eine hervorragende Leistungsbilanz vorweisen kann und das sollten
wir anerkennen!
Impressum:
Verantwortlich: Dr. Matthias Schuppe
Pressestelle
Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni
39112 Magdeburg
Tel: (0391) 567-5516/5517
Fax: (0391) 567-5519
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