Politisch motivierte Kriminalität
Straftatenaufkommen im Wahljahr 2016 gestiegen
22.03.2017, Magdeburg – 21
- Ministerium für Inneres und Sport
? leichter Rückgang bei rechtsmotivierten Taten ? linksmotivierte Taten angestiegen? Anstieg der politisch motivierten Sachbeschädigungen und Körperverletzungen?Die Anzahl der politisch
motivierten Straftaten ist um 304 Taten auf insgesamt 2.466 Delikte
angestiegen?, das sagte Sachsen-Anhalts Minister für Inneres und Sport, Holger
Stahlknecht, heute bei der Vorstellung der Statistik zur politisch motivierten
Kriminalität 2016.
Rückgänge gab es bei den
rechtsmotivierten Delikten, diese sanken von 1.749 auf 1.660 Taten. Ein Anstieg
war dagegen im Bereich der linksmotivierten Kriminalität zu verzeichnen, hier
weist die Statistik für das Jahr 2016 insgesamt 281 Delikte aus, 51 mehr als im
Jahr 2015.
Eine wesentliche Ursache für den
Anstieg des Gesamtstraftatenaufkommens ist im Zusammenhang mit den Landtags-
und Kommunalwahlen 2016 zu sehen. Allein 374 Straftaten, was 15,2 Prozent
entspricht, standen mit den Wahlereignissen in Sachsen-Anhalt in Verbindung und
drückten sich primär im Beschädigen und Zerstören sowie dem Entwenden von
Wahlwerbung verschiedener Parteien aus.
310 Sachbeschädigungen und 57
Diebstahlshandlungen sind hierzu polizeilich erfasst worden. Aufgrund der in
diesen Deliktsfeldern nur sehr selten erfolgreichen Aufklärung kam es hier auch
zu sichtbaren Auswirkungen auf die Gesamtaufklärungsquote. Mit 43,1 Prozent wurde
der Wert des Jahres 2015 (50,6 Prozent) deutlich unterschritten.
Holger Stahlknecht: ?Es ist eine Bilanz, bei der die Landtagswahl besonders
in Gewicht fällt. Leider drückte sich das mangelnde Demokratieverständnis einiger
auch in Straftaten aus.?
Angestiegen sind die
Gewaltstraftaten von 180 Taten im Jahr 2015 auf 220 Taten im Jahr 2016. Von
diesen Gewaltstraftaten sind 149 Delikte als rechtsmotiviert und 52 Delikte als
linksmotiviert eingeordnet worden. Der Anstieg von 2015 zu 2016 liegt insbesondere
im Bereich der Körperverletzungsdelikte, diese stiegen von 141 auf 175. 127
Körperverletzungen lag eine rechte Tatmotivation zugrunde. Die Aufklärungsquote
lag hier bei 74,5 Prozent und konnte entgegen des allgemeinen Trends sogar um
7,3 Prozentpunkte gesteigert werden.
Stahlknecht: ?Hier hat der
Rechtsstaat klare Kante zu zeigen, bei politisch motivierter Gewalt - egal welcher Ausrichtung - gibt es null
Toleranz.?
Mit rund zwei Dritteln aller
politisch motivierten Delikte bilden rechtsmotivierte Delikte weiterhin den
Schwerpunkt der politisch motivierten Kriminalität.
Den Großteil der
rechtsmotivierten Taten nehmen nach wie vor die Propagandadelikte ein. 1.050
Delikte sind hier erfasst, was wiederum einen Anteil von 63,3 Prozent innerhalb
dieses Phänomenbereichs ausmacht. Einen signifikanten Rückgang gab es bei den
Volksverhetzungen. Hier sank die Zahl um 99 Taten auf 179 Delikte.
Im Bereich der linksmotivierten
Taten dominieren mit 157 Straftaten die Sachbeschädigungen (Anteil von 55,9
Prozent).
Auch Flüchtlingsunterkünfte wurden
wieder Ziele von Angriffen. Insgesamt 60 dieser Taten sind hierzu polizeilich
erfasst worden (2015: 71). Im Zuge dieser Taten, die fast ausnahmslos alle in
den Nachtstunden verübt worden sind, wurden hauptsächlich Steine in
Fensterscheiben geworfen und Parolen an die Gebäude gesprüht, aber auch drei
Brandstiftungen begangen. In einem Fall wurde eine Flüchtlingsunterkunft sogar
beschossen.
Die Anzahl fremdenfeindlicher
Straftaten, also Handlungen, die sich gegen Menschen aufgrund ihrer
Nationalität, Hautfarbe, Herkunft oder Weltanschauung richten, hat sich zwar
von 574 Delikten im Jahr 2015 auf 446
Delikten verringert, dennoch handelt es sich hier um den zweithöchsten Wert in den letzten zehn Jahren.
Fremdenfeindliche Delikte äußerten sich
hauptsächlich als Volksverhetzung (117 Straftaten) und Beleidigungen (87
Straftaten), als Propagandastraftaten (81 Straftaten), aber auch als
Körperverletzungen (87 Straftaten).
Hier kündigte Minister Stahlknecht Durchgreifen an: ?Solche Taten werden
auch oft über das Internet mit seiner vermeintlichen Anonymität begangen. Doch
auch im Netz wird die Polizei künftig ?auf Streife gehen? und diejenigen, die
meinen, dort Hasskommentare absetzen zu müssen, mit aller Konsequenz strafrechtlich
verfolgen.?
Weitere
Daten
Aufklärungsquote
Insgesamt sind im vergangenen
Jahr 1.062 Straftaten aufgeklärt worden, was einer Quote von 43,1 Prozent
entspricht. Begründet liegt dieser Wert hauptsächlich in Taten, die das
Beschädigen und Entwenden von Wahlwerbung der Parteien zum Inhalt hatten und
nicht aufklärt werden konnten. Ähnliche Aufklärungsquoten waren auch in den
Jahren der Landtagswahl 2011 (42,4 Prozent) oder der Bundestagswahl 2009 (37,0
Prozent) festzustellen.
Im Bereich der rechtsmotivierten
Delikte lag die Aufklärungsquote bei 48,4 Prozent (803 aufgeklärte Delikte), im
Bereich der linksmotivierten Straftaten lag dieser Wert bei 33,1 Prozent (93 aufgeklärte
Taten).
Tatverdächtige
Im Jahr 2016 wurden 1.271 Tatverdächtige
ermittelt (2015: 1.428). Knapp ein Drittel (31,5 Prozent) war zum Tatzeitpunkt
jünger als 21 Jahre.
Kriminalitätsbelastung
Eine Kennziffer bei der Bewertung
der Kriminalitätsbelastung einer Region und deren Bevölkerung ist die
Häufigkeitszahl, also die Anzahl der Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner. In
Sachsen-Anhalt wurden im Jahr 2015 durchschnittlich 73,9 rechtsmotivierte
Straftaten und rund 12,5 linksmotivierte Straftaten bezogen auf 100.000
Einwohner registriert.
Nach Landkreisen und kreisfreien
Städten ausgewertet, bestehen nach wie vor erhebliche Unterschiede.
Mit 121 Taten bzw. 115 Taten bezogen
auf 100.000 Einwohner rangieren die Landkreise Jerichower Land und Stendal bei
den rechtsmotivierten Taten auf den ersten beiden Plätzen. Den geringsten Wert
weist der Landkreis Harz aus (35).
Im Bereich der linksmotivierten
Kriminalität nimmt die Stadt Magdeburg mit 46 Delikten je 100.000 Einwohner den
Spitzenwert ein, die Landkreise Altmarkreis Salzwedel und Jerichower Land
folgen mit 28 bzw. 25 Delikten. Auch hier ist der Landkreis Harz mit nur 0,5
Taten positives Schlusslicht.
Nicht zuordenbare Politisch motivierte Straftaten
Im Jahr 2016 wurden 456
Straftaten registriert, die zwar eine grundsätzlich politische Motivation
erkennen ließen, jedoch keinem konkreten Phänomenbereich zugeordnet werden
konnten. Diese Delikte ereigneten sich insbesondere im Zusammenhang mit der
Landtagswahl 2016.
Politisch motivierte Ausländerkriminalität
Politisch motivierte
Ausländerkriminalität beschreibt nicht die Gesamtheit der Straftaten, die durch
nichtdeutsche Tatverdächtige begangen werden. Vielmehr muss die durch die
nichtdeutsche Herkunft geprägte politisch motivierte Einstellung des Täters
entscheidend für die Tatbegehung sein. Beispiele dafür sind Straftaten mit
religiösem Hintergrund oder die Unterstützung von verbotenen ausländischen
Organisationen. Erscheinungsformen sind beispielsweise Androhungen von
Straftaten im Namen des sog. Islamischen Staates, aber
Mit einem Anteil von 1,1 Prozent
an der Gesamtstatistik zur politisch motivierten Kriminalität spielt die Zahl
mit 28 Straftaten weiterhin eine untergeordnete Rolle, gleichwohl geraten diese
Straften vermehrt in den Blick öffentlichen Interesses. Im Jahr 2015 lag Zahl
der erfassten ausländermotivierten Delikte bei 15.
Straftaten gegen Staat und Polizei
Ebenfalls auf hohem Niveau
bleiben die Straftaten, die sich gegen Staat und Polizei richten. 322 Delikte sind für 2016 erfasst worden,
was gegenüber dem Jahr 2015 mit 342 Taten nur einen marginalen Rückgang
darstellt. 176 dieser Taten, zu denen Körperverletzungen, Bedrohungen oder
Widerstandsdelikte gehören, sind aus einer rechten Tatmotivation heraus
begangen worden, 72 dieser Delikte mit einer linken Tatmotivation.
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