Organisierte Kriminalität in Sachsen-Anhalt:
Innenminister Hövelmann stellt Lagebild für 2009 vor
28.07.2010, Magdeburg – 93
- Ministerium für Inneres und Sport
Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 093/10
Ministerium des Innern -
Pressemitteilung Nr.: 093/10
Magdeburg, den 28. Juli 2010
Organisierte Kriminalität in Sachsen-Anhalt:
Innenminister Hövelmann stellt Lagebild für 2009 vor
Innenminister Holger Hövelmann (SPD) und der stellvertretende Direktor des
Landeskriminalamtes (LKA), Jochen Hollmann, stellten heute vor der Presse in Magdeburg
das Lagebild zur Organisierten Kriminalität (OK) in Sachsen-Anhalt vor. Demnach
wurden in Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 acht OK-Verfahrenskomplexe ¿ davon ein
neu aufgenommener Komplex ¿ geführt. Im Jahr zuvor waren es neun. Hinzu kommen
noch zwei Verfahren, die vom Zoll geführt werden.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern (Spitzenreiter ist Bayern mit 82 Verfahren)
belegt Sachsen-Anhalt damit zwar einen der hinteren Plätze, allerdings sei
dadurch kein Grund für Entwarnung gegeben, so Hövelmann: ¿OK-Gruppierungen
streben danach, ihre kriminellen Netzwerke zu etablieren und auszubauen. Dabei
schotten sie sich in höchstem Maße vor staatlichen Kontrollinstitutionen ab und
nutzen jeden Schwachpunkt. Wir tun gut daran, unseren permanent hohen Verfolgungsdruck
aufrecht zu erhalten.¿
Die Ermittlungen zu den acht in Sachsen-Anhalt anliegenden Verfahrenskomplexen
werden in vier Fällen von der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord, in drei
Fällen vom Landeskriminalamt und in einem Fall von der Polizeidirektion
Sachsen-Anhalt Süd geführt.
Die Tätergruppen agieren deliktübergreifend und weisen fast immer
internationale Bezüge auf. Die Aktionsschwerpunkte sind:
- Rauschgifthandel und ¿schmuggel
- Eigentumsdelikte
- Wirtschaftskriminalität
- Schleusungskriminalität
- Fälschungskriminalität
Jochen Hollmann, stellvertretender Direktor des LKA: ¿Um in diesem Deliktfeld
erfolgreich zu arbeiten, brauchen wir erfahrene Kriminalisten und modernste
Kriminaltechnik, die dem Equipment der Täter ebenbürtig ist.¿
Im Jahr 2009 richteten sich die Ermittlungen gegen insgesamt 64 Tatverdächtige.
Mit 47 Personen bildeten deutsche Staatsangehörige dabei die größte Gruppe. Den
größten Anteil in der Gruppe der nichtdeutschen Tatverdächtigen nahmen mit
jeweils vier Personen italienische, serbische und vietnamesische Staatsangehörige
ein.
Die finanziellen Gewinne der OK-Gruppierungen werden für das Jahr 2009 auf etwa
1,63 Millionen Euro geschätzt. An belegbaren Schäden wurden im vergangenen Jahr
290.000 Euro registriert. Dem stehen vom Staat gesicherte Vermögenswerte in Höhe
von rund 220.000 Euro gegenüber.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer beträgt knapp zwei Jahre und steigt
weiter an. Hövelmann führte diesen Umstand auf die gestiegene Komplexität der
Verfahren zurück. Hinzu komme, dass sich das Erkennen und strafrechtliche
Verfolgen von OK aufgrund der rasant voranschreitenden technischen Entwicklung,
beispielsweise in der Kommunikationstechnik, und der wachsenden
Internationalisierung immer schwieriger gestalte. Innenminister Hövelmann: ¿Der
Aufwand für die Ermittler ist enorm. Sie müssen in akribischer Kleinarbeit
jedes einzelne Detail ermitteln, auswerten und zusammenfügen. Dafür braucht man
einen langen Atem, den wir aber ganz gewiss haben.¿
Falldarstellung 1: Indoorplantage Atzendorf
Durch einen anonymen Hinweis
wurde bekannt, dass im Staßfurter Ortsteil Atzendorf auf einem ehemaligen
Betriebsgelände eine größere Anzahl von Cannabispflanzen zu finden sei. Bei den
am 29.10.2009 durchgeführten polizeilichen Maßnahmen konnten rund 5.400
Cannabispflanzen sowie ca. 35 kg Marihuana sichergestellt sowie die meisten vor
Ort handelnden vietnamesischen Tatverdächtigen festgenommen oder ermittelt
werden.
Der Strom zum Betreiben der Anlage wurde dem Netz illegal entzogen. Darüber
hinaus besteht der dringende Verdacht, dass der Anbau der Cannabispflanzen in
großen Mengen durch mehrere Personen mit Wohnsitz vor allem in den Niederlanden
organisiert wurde. Hierzu ließen sie über Dritte geeignete Objekte anmieten und
die für den Cannabisanbau erforderlichen Mittel wie Pflanzerde, Dünger,
Belüftungsanlagen und Wärmelampen beschaffen. Zudem ist davon auszugehen, dass
die Organisatoren den Ausbau der Tatobjekte finanziert haben und bereits in der
Vergangenheit in weiteren Indoorplantagen Cannabispflanzen hergestellt und ins
Ausland geschafft haben.
Falldarstellung
2: Schleusungskriminalität
Die Tätergruppierung setzte sich aus vier deutschen, zwei
serbischen, einem italienischen, einem bosnischen sowie einem kroatischen
Staatsangehörigen zusammen, welche zum Teil illegal erlangte Aufenthaltstitel
zur Ausübung illegaler Beschäftigung nutzten. Bei weiteren Ermittlungen zur
Aufhellung der offensichtlich organisierten Schleusungsstrukturen offenbarte
sich den Fahndern ein kriminelles Netzwerk, das bundesweit aus verschiedenen
Firmen, Steuer-, Notar- und Rechtsanwaltsbüros bestand. Hierzu wird auch ein
Beamter einer Ausländerbehörde gezählt, der wissentlich falsche
Aufenthaltstitel für die illegalen Migranten ausstellte. Der Wirkungsradius
dieser kriminellen Struktur erstreckte sich über das gesamte Bundesgebiet. Es
sind Kontakte in verschiedene EU- und andere Staaten erkennbar.
Zur Definition Organisierter Kriminalität:
Für die Zuordnung von
Straftaten oder Tatverdächtigen in den Bereich der Organisierten Kriminalität
müssen allgemeine und spezielle Merkmale vorliegen. Generell müssen mehr als
zwei Beteiligte aus Gewinn- oder Machtstreben planmäßig und arbeitsteilig
Straftaten begehen, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher
Bedeutung sind. Spezielle Merkmale sind die Anwendung von Gewalt oder anderer
zur Einschüchterung geeigneter Mittel, das Verwenden geschäftsähnlicher oder
gewerblicher Strukturen oder die Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche
Verwaltung, Justiz oder Wirtsch aft.
Impressum:
Verantwortlich:
Martin Krems
Pressestelle
Halberstädter Straße 2 / Am Platz des 17. Juni
39112 Magdeburg
Tel: (0391) 567-5504/-5516/-5517
Fax: (0391) 567-5520
Mail:
Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de
Impressum:Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-AnhaltVerantwortlich:Danilo WeiserPressesprecherHalberstädter Straße 2 / am "Platz des 17. Juni"39112 MagdeburgTel: (0391) 567-5504/-5514/-5516/-5517/-5377Fax: (0391) 567-5520Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de