17. Juni – 70. Jahrestag des Volksaufstands
Zentrale Gedenkveranstaltung in Magdeburg
16.06.2023, Magdeburg – 065/2023
- Ministerium für Inneres und Sport
Der Aufstand des 17. Juni 1953, an dem an mehr als 700 Orten der DDR rund eine Million Menschen teilnahmen, war ein einschneidendes Ereignis: Den offenen Protest gegen die SED-Diktatur, der mit Forderungen nach freien und geheimen Wahlen sowie nach der Wiedervereinigung Deutschlands verbunden war, schlugen sowjetische Panzer nieder. Anlässlich des 70. Jahrestages des Volksaufstands haben die Landesregierung und die Landeshauptstadt Magdeburg am heutigen Tag zu einer zentralen Gedenkveranstaltung in den Moritzhof in Magdeburg eingeladen.
In seinem Grußwort hielt der Präsident des Landtages von Sachsen-Anhalt, Herr Dr. Gunnar Schellenberger, fest: „Der 17. Juni 1953 gehört zweifellos zu den Schlüsseldaten der jüngeren deutschen Geschichte. Auch wenn er in seiner gesamtdeutschen und europäischen Bedeutung kaum angemessen wahrgenommen wird. Einer Diktatur ausgeliefert zu sein, haben viele Menschen in der DDR auch ganz persönlich erfahren müssen. Menschen mit diesen Erfahrungen reagieren daher sensibler, wenn die einer Diktatur nahekommenden Eigenschaften zu spüren sind. Für Freiheit und Selbstbestimmtheit aufzustehen, verdient jederzeit Respekt.“
Innenministerin Dr. Tamara Zieschang würdigte das Datum als „bedeutendes gesamtdeutsches Ereignis“ und ergänzt: „Die Aufarbeitung der damaligen Geschehnisse ist und bleibt von besonderer Bedeutung. Die Menschen riskierten ihr Leben für Freiheit, Demokratie und die deutsche Einheit. Das gilt es auch heute zu würdigen und der Opfer zu gedenken. Den jüngeren Generationen gilt es aufzuzeigen, was es bedeutet, nicht in Freiheit und nicht im demokratischen Rechtsstaat aufzuwachsen. Das muss uns immer in Erinnerung bleiben.“
„Der Moritzplatz mit der angrenzenden ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Volkspolizei war am 17. Juni 1953 ein Zentrum des Kampfes um Selbstbestimmung, Freiheit und demokratische Teilhabe“, hält Oberbürgermeisterin Simone Borris fest. „Um an diesem Ort die bürgerliche Courage und das politische Engagement der Demonstrierenden zu würdigen und sie aus der Anonymität zu heben, steht das diesjährige zentrale Gedenken im Zeichen des Austauschs zwischen den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen und den Magdeburger Jugendlichen. Indem die unterschiedlichen Lebensperspektiven beider Generationen zusammenkommen, wird der Wert der Demokratie nachhaltig ins Bewusstsein gerufen.“
Während der Gedenkveranstaltung hielt ebenso Herr Udo Rupp als Vorsitzender der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e. V. ein Grußwort. Die Fernsehmoderatorin und Sprecherin der Tagesschau, Frau Susanne Daubner, sprach über ihre Gedanken zum 17. Juni 1953 und zum Leben in der ehemaligen DDR.
Im Rahmen der Erinnerungskultur kommt der Auseinandersetzung der nachfolgenden Generationen mit dem 17. Juni 1953 eine besondere Bedeutung zu. Das Geschichtsprojekt „Jugend im Juni“ setzt sich mit dem Volksaufstand auseinander und wurde während der Gedenkveranstaltung vorgestellt. Insgesamt 20 Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Magdeburg und der Integrierten Gesamtschule Willy Brandt Magdeburg haben Zeitzeugen interviewt und sich intensiv mit diesem Abschnitt unserer Landesgeschichte auseinandergesetzt. Dabei hatten sie Kontakt zu etwa 80 damals Jugendlichen aufgenommen, die den 17. Juni 1953 als Schülerinnen und Schüler in Magdeburg erlebten. Betreut wurde das Projekt von Herrn Professor Dr. Christoph Volkmar (Landeshauptstadt Magdeburg/Stadtarchiv) und Herrn Dr. Richard Millington (Universität Chester).
Hintergrund:
Die sowjetische Militäradministration übernahm am 17. Juni 1953 die oberste Befehlsgewalt, verkündete das Kriegsrecht und verhängte in 167 von 217 Landkreisen den Ausnahmezustand. Der Ausnahmezustand wurde für viele Orte am 25. und 29. Juni 1953 aufgehoben. In einigen Regionen bzw. Städten blieb er länger bestehen. Von der Staatssicherheit wurden in der Folgezeit 15.000 Demonstranten festgenommen. Fast 800 Menschen wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt. In Sachsen-Anhalt lagen die Schwerpunkte des Aufstands in der Industrieregion rund um Halle und in der Stadt Magdeburg. In Magdeburg verschaffte sich eine Menschenmenge gewaltsam Zugang zur Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei. Die Erstürmung der nahe gelegenen Haftanstalt scheiterte. Es kamen drei Mitglieder der Wachmannschaft ums Leben. Ab Mittag fuhren in den Straßen Panzer auf und brachten im Laufe des Nachmittags den Aufstand unter Kontrolle. Das blutige Niederschlagen des Aufstands kostete DDR-weit mehr als 50 Menschen das Leben.
Am 2. Juni 2023 weihten der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Reiner Haseloff, und die Ministerin für Inneres und Sport, Dr. Tamara Zieschang, im Beisein der Künstlerin Christine Bergmann zwei Gedenkstelen ein. Mit der Errichtung der zwei Stelen bekommt die schon vorhandene Erinnerungstafel an der Hauswand des Ministeriums für Inneres und Sport eine würdige Ergänzung. Die aus Verbundsicherheitsglas bestehenden Stelen wurden im Hochformat gefertigt. Die auf den Stelen reproduzierten Bilder stammen aus dem Nachlass eines inzwischen verstorbenen Magdeburger Zeitzeugen, dessen Nachfahre, Herr Lunkeit, die Bilder dem Landesarchiv als Depositum zur Nutzung kostenfrei übergeben hat. Die Quellentexte sind bereits als staatliches Archivgut im Bestand des Landesarchivs. Sie geben überwiegend Dokumente der Volkspolizei wieder.
Anlässlich des 70. Jahrestages des Volksaufstands präsentierte Innenministerin Dr. Tamara Zieschang am 5. Juni 2023 das Heft 8 der archivpädagogischen Reihe QuellenNAH im Landesarchiv der Öffentlichkeit. Das Druckwerk widmet sich dem Aufstand des 17. Juni 1953 und den Ereignissen in den damaligen Bezirken Halle und Magdeburg. Diese und weitere Hefte der QuellenNAH-Reihe können hier heruntergeladen werden: https://lha.sachsen-anhalt.de/onlineangebote/quellennah/uebersicht
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